Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

211 Nachricht von unserem Zustande verlangen. So berichten wir denn unterthänigst, dass der Feind unterdessen mit Graben und Miniren das Ravelin dergestalt zugerichtet hat, dass, wenn es auch nur noch so lange dauert, es über einen oder zwei Tage nicht mehr zu behaupten sein wird. Der Feind geht nunmehr nachdrücklich vor und avancirt stark gegen beide, die Burg- und Löbel-Bastei, indem er nicht allein auf die Contrescarpe viele Kessel und Logements macht, sondern auch die Descente in den Graben mit aller Macht betreibt. Man hat ihm zwar schon zu zwei Malen durch nachdrück­liche Ausfälle den einen und den andern Einschnitt ruinirt, und da­durch, um Zeit zu gewinnen, so lange wie möglich von der völligen Bemächtigung des Grabens abzuhalten gesucht; allein, wie leicht zu er- rathen, verlieren wir dabei viele Leute, besonders Officiere, so dass allbereits bei manchem Regimente nur noch zwei Hauptleute sind. Es ist dahin gekommen, dass Viele, die als Corporate in die Stadt ge­kommen, nunmehr Lieutenants-Dienste thun müssen. Unsere Besatzung muss täglich schwächer werden, weil sie ausserhalb der Stadt den Feind wider sich hat, innerhalb die Ruhr, an welcher täglich bei 60 sterben. „Darum hat der Herr Stadtoberster, gleichwie wir Alle, dafür gehalten, dass es nunmehr hohe Zeit und mit dem Succurs mehr nicht zu verweilen ist. Denn wenn der Feind, wie es augenscheinlich nahe liegt, zugleich mit den beiden Bollwerken die Courtine angreifen wird: so wird zum genügenden Widerstande an allen Orten zugleich die Mannschaft, besonders aber die Officiere, schwerlich ausreichen. An Granaten, in denen jetzt unsere beste Gegenwehr bestehen sollte, ist wenig noch übrig. Mit Bomben wird man kaum auf drei Tage noch auslangen. Die Kanonen sind auch schon meist ruinirt, theils durch den Feind, theils weil sie, aus schlechtem Material gegossen, kaum 50 Schüsse haben aushalten können. Ausser den früher genannten Officieren sind neuerdings verwundet der Herzog von Württemberg, der Oberst Souches und ein Oberstlieutenant. Der neue Starhemberg- sche Oberstlieutenant ist todt. Viele Unterofficiere sind an der Ruhr und vor dem Feinde geblieben, oder verwundet. Mit Einem Worte daher: der Zustand der Stadt erfordert, dass der Succurs ohne einigen Zeitverlust geschehe und beschleunigt werde. P. S. Nach dem Schlüsse dieses Schreibens hat der Feind an dem Ravelin abermals eine Mine springen lassen, so dass, da nunmehr die Unsrigen darauf allen Orten enfilirt sind, es ungewiss ist, ob wil­es nicht noch diese Nacht verlieren. 14

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