Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

194 Abends 7 Uhr Hessen die Türken eine Mine an dem schon einem unregelmässigen Erdhaufen gleichenden Burg-Ravelin springen, welcher ein lebhafter Sturm folgte. Wie immer, wurde der Feind kaltblütig empfangen und nach hartnäckigem Ringen zurückgewiesen. Tags darauf (18.) hatte es den Anschein, als bereiteten sich die Türken zu einem Sturme vor. Der wackere Reiter-Oberst Freiherr von Dupigny, unmuthig, dass er und sein Regiment noch keine Gelegenheit zur Auszeichnung gefunden, wollte den Türken zuvorkommen und machte mit 60 Kiírás- sieren seines Regiments zu Fuss um 7 Uhr Früh einen Ausfall, der aber unglücklich endete. Dupigny selbst fiel, von einer Musketenkugel im Unterleibe tödtlich getroffen, ebenso Rittmeister Chevalier de Chau- ville; nebstdem wurden 40 Kürassiere theils getödtet, theils verwundet. Mit diesem Verluste waren einige türkische Gefangene gewiss allzu theuer erkauft. In der Meinung, dass die Ravelin-Besatzung durch diese miss­lungene Unternehmung sehr eingeschüchtert sei, unternahmen die Janitscharen, nachdem sie um 6 Uhr Abends die gemauerte Escarpe der linken Ravelin-Face durch eine Mine zur Hälfte in den Graben geworfen hatten, einen wüthenden Sturm, an welchem sich 1000 Mann betheiligten. Im ersten grimmen Anlaufe gelang es ihnen, Herr der Bresche zu werden und zehn Rossschweife auf die eroberte Brustwehr zu pflanzen, während sich die schwache Ravelin-Besatzung hinter den neuerrichteten Abschnitt zurückzog. Eiligst suchten sich nun die Türken durch herbeigeschleppte Wollsäcke und Schanzkörbe zu befestigen — allein die rasch durch frische Kräfte verstärkte Besatzung warf sie nach zweistündigem furchtbaren Kampfe wieder aus den angefangenen Logements und stürzte sie die Bresche hinab, welche man sofort zu verbarricadiren begann. Die Janitscharen verloren, hauptsächlich durch das Seitenfeuer aus der Burg-Bastion, allein 300 Todte, welche im Graben liegen blieben. Die zweckmässige Verfügung Starhemberg’s, überall Abschnitte errichten zu lassen, hatte also beim Burg-Ravelin bereits glänzende Früchte getragen. Die Abschnitte in der Burg- und Löbel-Bastion waren auch schon vollendet und nun liess der Feldzeugmeister neue Abschnitte hinter diesen hersteilen. Die Janitscharen, bisher in ihren Angriffen so ungestüm und tapfer, hatten angesichts der erfolglosen Stürme und der empfindlichen Verluste (mehr als die Hälfte ihrer Brüder lag entseelt in den Lauf­gräben) endlich den Muth verloren, gegen einen so unerschütterlichen

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