Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

175 Die Stürmenden hatten auch versucht, mittelst Pechkränze die Palissaden anzuzünden, doch beeilten sich die Vertheidiger, durch Wasser, das sie mit ihren Hüten aus der Tiefe des Grabens holten, den Brand zu löschen. Die Kriegsgeschichte kennt wenig Beispiele einer so hartnäckigen Verth eidigung des bedeckten Weges, jeder Zoll Erde wurde dem Feinde streitig gemacht, und nur seine gewaltigen Minen ertrotzten hie und da einige Schritte Terrain. Auch aus der Leopoldstadt, wo das Wasser leider wieder gefallen war, stürmten die Türken um 1 Uhr Nachts durch eine Furt gegen die Gonzaga-Bastion, wurden aber mit grossem Verluste wieder über den Donau-Arm gejagt. Um 9 Uhr Vormittags flog eine türkische Bombe durch ein Fenster mitten in die von Andächtigen gefüllte Stephanskirche, wobei wunderbarerweise nur einer Bürgersfrau die Füsse zerschmettert wurden. An diesem Tage gelang es dem FML. Grafen Dünewald, einen feindlichen Convoi von 600 Wagen in der Nähe von Wiener-Neustadt wegzunehmen. Die Türken, welche anfänglich die nächste Umgehung Wiens total verwüstet hatten, waren nämlich schon zu ausgreifenden Fouragirungen gezwungen, und setzten eben aus der Gegend hei Wiener- Neustadt diesen Convoi nach Wien in Bewegung. Dünewald, welcher mit zwei Regimentern hei Schottwien stand und den Semmering bewachte, rückte auf die hievon erhaltene Nachricht rasch vor, überfiel mit einem Regimente die sorglose Bedeckung und verfolgte deren Reste bis gegen Pottendorf *). Ein ähnlicher Streich wurde den Türken am 2. August vom FML. Fürsten Lubomirski hei Petronell zugefügt, welcher mit seinen polnischen Panzerreitern plötzlich die Donau übersetzte und die daselbst befindlichen Feinde verjagte und verfolgte. Tausend Türken sollen hei diesen Kämpfen gefallen sein. Lubomirski kehrte hierauf an’s linke Donau-Ufer zurück a). Auch der 2. August verlief ziemlich geräuschvoll; das feind­liche Feuer war allerdings von keiner Dauer, allein um so hartnäckiger setzten die Türken den gestrigen Versuch fort, sich im bedeckten Wege festzusetzen, aber mit demselben Misserfolge und neuen Verlusten. Hauptmann Hafner zündete in Gegenwart der Generalität eine an dem ausspringenden Winkel des bedeckten Weges an der rechten *) und 2) Neue militärische Zeitschrift 1813, 4. Band.

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