Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
168 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. bunde zum Vorbild gedient habenden Sonderbundes, wurde von deutscher Seite selbst angefochten, dessen gesetzmässige Rechtlichkeit aber mit bitteren Vorwürfen bestritten. Es wurde von mancher Seite die Behauptung aufgestellt, dass der Fürstenbund geeignet sei, eine Spaltung und Trennung unter den Reichsständen hervorzurufen und einen Bürgerkrieg zu entzünden; Friedrich II. habe den Bund zu übereilt und gegen die Regeln der Staatsklugheit geschlossen. Zur Rechtfertigung des preussischen Verfahrens und Beruhigung Deutschlands erschien im Augustmonat 1785 eine „Erklärung der Ursachen, welche Seine königl. Majestät von Preussen bewogen haben, Ihren hohen Mitständen des deutschen Reiches, eine Association zur Erhaltung des Reichssystemes anzutragen und mit einigen derselben zu schliessen“. Der Wiener Hof setzte im Monat September 1785 dieser Erklärung eine „Prüfung der Ursachen einer Association zur Erhaltung des Reichssystemes, welche von Seiner königl. Majestät von Preussen vorgelegt sind“ entgegen. Frankreich, welches seine Zustimmung zu dem bayerischen Tauschprojecte verweigert hatte, begünstigte im Geheimen den Fürstenbund. Wie die Herrscher von Österreich und Russland über letzteren dachten, geht aus ihrer diesbezüglichen Correspondenz hervor. Am 8. Mai 1785 schreibt Kaiser Josef an Katharina: „Euer Majestät werden alle Abscheulichkeiten und Falschheiten bekannt sein, welche, vom Mittelpunkte Potsdam ausgehend, über unsere gegenseitigen Absichten und Projecte, an fast allen europäischen Höfen und besonders an denen deutscher Fürsten sich verbreiten. Dies verwirrt sehr die Köpfe. Gewiss ist der König von Preussen, obgleich er die Erhaltung des Friedens und der deutschen Verfassung so sehr betont, derjenige, welcher einige Mächte oder Reichsfürsten zu falschen Schritten zu verleiten sucht, nur um Verwirrung zu erzeugen und dabei die Gelegenheit zu finden, im Trüben fischen zu können“ etc. Katharina II. tröstete den Kaiser über das fait accompli eines deutschen Fürstenbundes, indem sie am 30. August folgenden Brief an denselben richtete: „Es war ihr ein unendliches Vergnügen, die Zufriedenheit Seiner Majestät über das Verfahren erlangt zu haben, das sie im gegenseitigen Einvernehmen befolgt habe, um die Fortschritte der neulich in Deutschland gebildeten Liga zu hemmen. Da es nicht gelungen, den Bund in seiner Quelle zu zerstören, so scheine die einzige, jetzt zu ergreifende Partei darin zu bestehen, denselben mit vollständiger Gleichgiltigkeit zu behandeln und keine Verstimmung darüber merken zu lassen. Nur auf diese Weise könne man dem Hass und Neid, welchen die Liga ihr Entstehen verdankt, ein Dementi geben und deren Wirkungen ganz illusorisch machen. Die intime Vereinigung Österreichs und Russlands würde übrigens in allen Fällen