Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
V. Tod Maria Theresia’s, Alleinherrschaft Josef's, Allianz mit Russland (1780—1784). 145 hängiger Staat zwischen den drei Reichen bestehe, welcher von denselben beständig unabhängig bleiben sollte. Dieser ehemals unter dem Namen Dacien bekannte Staat könnte aus den Provinzen Moldau, Walachei und Bessarabien gebildet werden, unter einem Staatsoberhaupt, welcher einer der in denselben herrschenden christlichen Religionen angehöre. Auf die Person und Treue dieses Regenten müssten die beiden Kaiserhöfe bauen können und hätten mittelst eines Übereinkommens Sorge zu tragen, dass der neue Staat mit seinem erblichen Landesherrn ganz unabhängig bleibe und niemals mit Russland oder Österreich vereinigt würde. Auch wäre zu stipuliren, dass diese beiden Reiche niemals einwilligen könnten, den neu zu gründenden Staat Dacien in die Abhängigkeit irgend einer anderen Macht gerathen zu lassen. „Die Grenzen Daciens sollten gebildet werden: Gegen Polen und Russland durch den Dniester und das Schwarze Meer, gegen Österreich durch die dem Kaiser Josef in dem geheimen Artikel von Russland garantirte Besitzergreifung in der Türkei, ferner durch den Aluta- oder Olta-Fluss bis zu seiner Einmündung in die Donau. Auf osmanischer Seite würde die Begrenzung des neuen unabhängigen Staates durch die Donau bis zu ihrem Ausflusse in das Meer stattfinden. „Die Festsetzung der Grenzen zwischen der österreichischen Monarchie und dem jetzigen türkischen Reiche hängt davon ab, was der Kaiser zu erwerben wünsche, worüber nach dem geheimen Artikel des Vertrages noch eine gegenseitige Erklärung zu gewärtigen sei. „Die natürlichste Grenze zwischen Russland und demösmanischen Reiche, welche die Kaiserin für ihre Staaten reclamire, wäre das Schwarze Meer. „Polen bliebe in demselben Zustande, in welchem es sich gegenwärtig befinde, mit Rücksicht auf seine von den theilenden drei Mächten vertragsmässig gezogenen Grenzen und gewährleisteten Besitzungen. „In Betreff der Gleichheit der Erwerbungen wünsche Russland in diesem Augenblicke von dem ottomanischen Gebiete zu erhalten: „1. Die Stadt Oczakoff mit seinem District zwischen den Flüssen Bug und Diester; „2. ein oder zwei Inseln im Archipelagus behufs Sicherheit und Erleichterung des Handels seiner Unterthanen. „Indem die Kaiserin sich mit vollständiger Freiheit und Offenherzigkeit über ihre Absichten in einem eventuellen Kriege geäussert und dasjenige bezeichnet habe, was zu erwerben sie für das Wohl ihrer Unterthanen für nothwendig erachte, bitte sie den Kaiser, gleiches Vertrauen ihr gegenüber zu bezeugen, und seine Ansichten und Ansprüche im Einzelnen ihr mitzutheilen. Der Kaiser könne überzeugt sein, dass der Kaiserin nichts mehr Freude bereiten würde, als