Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

136 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. Russlands sehr lobend aus. „In der kurzen Zeit, welche ich in diesem Reiche zugebracht, habe ich grosse Dinge ersonnen und wunder­bar ausgeführt gesehen, nirgends seien Zweifel, halber Wille oder jene Sparsamkeit bemerkbar, welche die Wirkung in Folge des Preises ver­wischen. Ungeachtet aller Auslagen findet die Kaiserin Hilfsquellen, um keinen wesentlichen Theil ihrer Macht zu vernachlässigen; sie kenne und würdige vollkommen das Princip, laut welchem der Umlauf und die Verwendung der Gelder im Innern in Bezug auf die Industrie und Bevölkerung eine kleine Ausgabe sei, da beide Nutzen daraus ziehen.“ (Briefe vom 13. bis 18. Juli 1780.) Die Folgen der Verabredungen zu Mohilew und Petersburg machten sich in dem Wandel der europäischen Politik bald bemerk­bar. Erzherzog Maximilian, der jüngste Sohn der Kaiserin Maria Theresia, wurde im August des Jahres 1780, trotz Einspruches des Königs von Preussen und Widerstandes der von diesem bearbeiteten Mächte Holland und Hannover, zum Coadjutor in Cöln und Münster gewählt. Die 1772 auf acht Jahre abgeschlossene Allianz zwischen Russland und Preussen, deren Verlängerung letzteres wiederholt bean­tragte, wurde nicht wieder erneuert. Graf Panin, die Hauptstütze des preussischen Systems, verlor als Minister seinen Einfluss auf die Staats­geschäfte. Die Reise des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preussen nach Petersburg, welche bestimmt war, die für das Interesse des Berliner Hofes wichtige Verbindung mit Russland zu erhalten, verlief resultatlos. Überhaupt erhielt der König immer mehr Beweise von der zunehmenden Entfremdung und Kälte seiner bisherigen Bundesgenossin, die allmälig in wirkliche Abneigung übergingen. Der Besuch des russischen Grossfürsten, nachmaligen Kaisers Paul I., und seiner Ge­mahn, geborenen Prinzessin von Württemberg, zu Wien im Novem­ber 1781, ohne Berlin zu berühren, hatte Friedrich II., der das Be­leidigende dieser Zurücksetzung empfand, in hohem Grade verstimmt. Noch kränkender war es für den König, dass bei jener Gelegenheit der Bruder der Prinzessin, Prinz Ferdinand von Württemberg, in kaiserliche Dienste trat, und dass eine Vermälung zwischen ihrer jüngeren Schwester, der Prinzessin Elisabeth, und dem Neffen des Kaisers, dem Erzherzoge Franz von Toscana, verabredet ward. Als Gegenleistung für die Freundschaftsbezeugungen Russlands liess Kaiser Josef am 9. October 1781 den Beitrittsact zu den von der Kaiserin Katharina behufs Erhaltung des Handels und der neu­tralen Schifffahrt vorgeschlagenen Grundsätzen und Massnahmen der bewaffneten Neutralität unterzeichnen, nachdem er kurz vorher den krieg- führenden Mächten England, Frankreich und Spanien, in Gemeinschaft mit dem Petersburger Hofe, seine Friedensvermittlung angeboten hatte. Im Monate Mai 1781 unternahm Kaiser Josef eine Reise durch Belgien, Holland und Frankreich und traf im August wieder in Wien

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