Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

100 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. haben, so wäre die Angelegenheit in friedlicher Weise verhandelt und beigelegt worden *). Der König geht somit zu weit, wenn er in seinen Briefen und Schriften den Kaiser Josef als unversöhnlichen, vom Ehrgeiz sich ver­zehrenden Friedensstörer hinzustellen und hiedurch seine tiefe Ver­stimmung gegen dessen Nebenbuhler zu begründen sucht. Während Josef II. die Neigung abgesprochen wird, die Hand zum Frieden zu bieten, strebte ihn Se. Majestät bei jeder Gelegenheit unter ehren­haften Bedingungen an, wenn er auch die ursprüngliche Forderung des Berliner Hofes einer schiedsrichterlichen Einmischung als unan­nehmbar zurückwies. Die spätere Nachgiebigkeit Friedrich’s II. ist ohne Zweifel zum Theil dieser Festigkeit des Kaisers, zum Th'eil aber auf den resultatlosen Verlauf des Feldzuges, den darin gesammelten Er­fahrungen, endlich den umfassenden Kriegsrüstungen Österreichs und dem Verfall des preussischen Heeres zuzuschreiben. Letzteres über­schritt die Grenzen Böhmens in der Erwartung, die Streitmacht des Kaisers niederzuwerfen und dem Wiener Hofe den Frieden zu dictiren, kehrte aber in der Erkenntniss wieder zurück, dass es bei Fortsetzung des Krieges den durch ihren zähen Widerstand ermuthigten Öster­reichern im Kampfe erliegen könnte. Wenn auch Josef II. die Gefahren nicht verkannte, in welche die Monarchie durch einen Doppelkrieg gegen Preussen und Russland sich stürzen würde, so war er doch darauf bedacht, durch beständige Ver­stärkung des österreichischen Heeres die Machtverhältnisse auszu­gleichen und mit einer gleichgewichtigen Armee seinen Gegnern ent­gegenzutreten, wenn der Friede blos um den Preis der Demüthi- gung und Erniedrigung zu erkaufen war. Nach dem vom österreichischen General-Quartiermeisterstabe auf­gestellten Berechnungen sollten im Feldzuge 1779 die gegenseitigen operativen Streitkräfte folgende Stärke haben : Österreicher. Infanterie 206 Feldbataillone (1262 Compagnien) 241.000 Mann 19 Freibataillone (80'/2 Compagnien) ..... 10.000 „ Cava llerie 32 Linien-Regimenter mit 244 Escadronen 41.000 „ 21 Escadronen Grenz-Huszaren mit..... 3.600 „ Fr eicorps-Cavallerie ll‘/4 Escadronen mit . . . 1.900 „ Zusammen 225 Bataillone (1342'/2 Compagnien) Infanterie............................................................. 251.000 Mann 276*/t Escadronen Cavallerie.................... 46.500 „ Gesammtsumme auss chliesslich der Artillerie, tech­nischen Truppen, Fuhrwesen etc....................................... 297.500 Mann ') Schöning, „Der bayerische Erbfolgekrieg. Correspondenz des Königs Friedrich etc.“, Seite 16 bis 26.

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