Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)

Die erste Belagerung Wien's durch die Türken im Jahre 1529

Die erste Belagerung Wien’s durch die Türken im Jahre 1529. 325 im Felde standen, bei Annäherung der Türken in die bedrohte Hauptstadt. Schon am 21. September umschwärmten die „Renner und Brenner“ die Wälle Wien’s; die Stadt war nun von allem Verkehre abgeschnitten und auf sich selbst angewiesen. Zustand der Festung Wien. Die Lage Wiens schien eine traurige und hoffnungslose; zu dem Mangel einer ausreichenden Besatzung trat der bedauerliche Zustand der fast verfallenen Befestigungen *). Die damalige Festung Wien, welche einen etwas kleineren, als den von der heutigen Ringstrasse umschlossenen Raum einnahm, bestand aus 10 Bastionen, welche durch eben so viele zum Theil gebrochene Courtinen verbunden waren. Die Länge der einzelnen Fronten betrug zwischen 400 bis 700 Schritt. Alterthiimliche Thürme, Zwinger und Thore erhoben sich zwischen diesen unregelmässigen, den verschiedensten Zeitaltern angehörenden Befestigungen, deren Mauern 4 bis 6m hoch und kaum 2m dick waren, und in einem arg verfallenen Zustande sich befanden. Mehrere Thürme waren baufällig und die damalige Palissadirung wurde mit buchstäblichem Rechte in den Stadtreclpiungen „ein Zaun“ genannt. Aussenwerke gab es gar nicht; nur die Hauptthore waren durch gemauerte Vorwerke geschützt. Das bedeutendste Vorwerk besass das Kärntnerthor und dieses hatte nocli den Kärntnerthurm vor sich. Gegen den feindlichen Ansturm schützte daher nur die Mauer, vor welcher sich ein breiter, aber grossentheils trockener Graben befand. Diesseits und in der halben Höhe der Mauer lief ein hölzerner Auftritt für die Vertheidiger, so schmal, dass nicht mehr als ein Mann darauf stehen, und so unbequem, dass man nur mit Leitern zu ihm gelangen konnte. Von den Thürmen und Thoren scheint nur der Kärntner- (Kerner-) Thurm, das Kärntner- und Schottenthor und der Thurm im Elend zur Vortheidigung mit Geschützen eingerichtet gewesen zu sein. *) Siehe Tafel IV, Niklas Meldemann’s Rundansicht der Stadt Wien. Niklas Meldemann, Briefmaler zu Nürnberg, ein Zeitgenosse Albrecht Dürer’s, gab nach persönlichem Augenschein der von den Türken verursachten Verwüstungen im Jahre 1530 diese Rundansicht, welcher die Studien eines Wiener Malers zu Grunde lagen, in 6 Blättern für „yedermanns kauff und für den gemeinen man“ aus. Der erklärende Text hiezu ist auszugsweise in der Beilage enthalten, und zwar zur Erleichterung des Lesens in neudeutscher Übertragung. Gegenwärtig existiren blos drei Exemplare der ursprünglichen Ausgabe Meldemann’s; die vorliegende Reproduction, welche im k. k. militär - geographischen Institute auf photolitho­graphischem Wege hergestellt wurde, rührt von einem in der „Albertina“ befindlichen Original-Exemplare.

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