Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)

Josef Rechberger Ritter von Rechkron, Oberstlieutenant im k. k. Kriegs-Archive: Wien's militärische Bedeutung (Eine historische Studie)

III. Schlussbetrachtungen. 319 Position, oder vermöge innerer reicher Hilfsquellen eine Bedrohung von Aussen unter viel weniger ungünstigen Chancen zu besorgen haben, die Reichsbefcstigung und die Sicherung der Hauptstadt als ein Gebot der Nothwendigkeit erkannten, und bis zur Stunde enorme Geldsummen darauf verwendeten und noch verwenden. Die Erfahrungen von 1870 und 1871 haben gerade Frankreich veranlasst, in dem letzten Decennium gegen „500 Millionen Francs für Fortificationen“ zu verwenden, und die Hauptstadt Paris „in ein permanent verschanztes Lager von ungeheurem, bisher in der Befesti­gungskunst noch nie gekanntem Umfange umzuwandeln“. Auch Italien fand es in neuester Zeit für nöthig, im Präli­minare der Reichsbefestigung „ 160 Millionen Lire“ aufzurechnen, und besteht das Project, die Hauptstadt Rom durch 14 Lagerforts zu sichern. Nicht zurückgeblieben sind Belgien und die Niederlande, wenn­gleich sie die zweitwichtigste Stadt Antwerpen wegen der eminenten strategischen Position anstatt Brüssel als Centrum der Rcichsbefesti- gung betrachten. Deutschland hat nach dem Kriege mit Frankreich die Reichs­befestigung „mit einem Gesammtaufwande von mindestens 400 Millionen Mark inaugurirt“. Berlin selbst wurde aus dem Grunde nicht befestigt, weil dieses Centrum des deutschen Reiches durch eine Gruppe von strategisch bedeutenden Plätzen : Magdeburg, Spandau, Kiistrin, sowie Torgau und Glogau und die bedeutenden Flusslinien hinreichend gedeckt erscheint. Selbst in Russland endlich lässt sich nicht verkennen, dass „es langsam aber stetig einen schon lange entworfenen Plan zur Reichs­befestigung ausführt, und soweit bekannt, in den Jahren 1870 bis 1880 mindestens 24 Millionen Rubel für diesen Zweck verausgabte“. Diesbezüglich brachte die deutsche „St. Petersburger Zeitung“ am 29. April 1. J. folgende Daten: „Das Kriegsministerium“ arbeite „die Details für die im Principe beschlossene Erbauung neuer Forts bei Warschau, Kowno und Gonionz (Gouvernement Grodno) aus, deren Gesammtkosten auf 60 Millionen veranschlagt werden. Die Arbeiten sollen in zehn Jahren beendet sein. In diesem Jahre (1882) sollen die Forts bei Warschau in Angriff genommen werden. Sechs Werst von Warschau auf der linken Seite des Flusses werden sieben Forts, auf eine Strecke von 27 Werst vertheilt, angelegt; jede Befestigung wird 250 Faden lang sein. Zwei Werst hievon entfernt werden vier eben so grosse Forts von grösseren Dimensionen projectirt. Zur Aus­führung dieser Arbeiten für das laufende Jahr sind zunächst 10 Millionen assignirt. “ Diesen authentischen Thatsachen nach wird in all’ den mächtigen Staaten die Reichsbefestigung als wichtiges Correlat der Wehrfähigkeit

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