Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - I. Die Ereignisse im Jahre 1736

258 Der Krieg mit der Pforte 1736—39. Dienste“ des Kaisers anzunehmen gedenke, forderte dagegen bezüglich der Türkei, dass die Pforte längstens hinnen 14 Tagen vom Tage des Anerbietens der „guten Dienste“ seitens des Kaisers ihre Gesandten zu den Friedensverhandlungen an die Grenze absendo und binnen vier Wochen, vom Tage der Absendung der Bevollmächtigten gerechnet, einen Frieden geschlossen habe, der Russland die vollständige Satis­faction gewähre; er verlangte ferner, dass der Kaiser der Pforte perempto­risch erkläre, dass er, im Falle sie eine der beiden obigen russischen Forderungen nicht erfülle, dies als casus belli betrachten würde. Von den Forderungen, welche Russland bei dem eventuellen Friedens-Congresse erheben oder durch den Krieg anstreben wolle, enthielt die Depesche des Grafen Ostermann nicht einmal eine Andeu­tung, wohl aber die entschiedene Weigerung, dem Kaiser die Gleich­berechtigung mit Russland am Friedens-Congresse zuzugestehen. Die Nothwendigkeit eines gemeinsamen Operations-Planes er­kannte Russland bereitwillig an und sprach den Wunsch nach Vorlage eines diesbezüglichen Entwurfes aus. In Wien beeilte man sich, vornehmlich diesen letzteren Punkt der russischen Antwortnote für die eigenen Zwecke auszunützen, und übergab noch im selben Monate ein „Conventions-Project“, welches alle Wünsche des Kaisers umfasste und die Befürchtungen wegen des Verhaltens Russlands bannen sollte, für letzteres aber zum Gegen­stände lebhafter Recriminationen wurde. Eine „Convention“, behauptete Ostermann, lockere an und für sich den Vertrag von 1726, der un­bedingt Basis aller Negotiationen bleiben müsse; er wies die haupt­sächlichsten Punkte des Conventions-Projectes zurück und beschuldigte Österreich geradezu, sich übernommen zu haben, indem es den Unter­schied zwischen „bons offices“ und förmlicher „Vermittlung“ aus den Augen verlor. Um jedoch den Kaiser Uber die Ziele Russlands zu beruhigen, gab Graf Biron dem kaiserlichen Gesandten in Petersburg mündlich die Versicherung, dass der Kaiserin eine Erweiterung der russischen Grenzen fern liege und sie keinen andern Zweck verfolge, als ihr Reich in Zukunft vor den Angriffen der Türken zu sichern; Russland beanspruche nichts Anderes, als die Annullirung des Fi’iedens am Pruth (1711), die Wiederherstellung der Grenzen von 1700 und den Besitz der Krim, falls sie im Laufe des Krieges erobert werden würde; endlich sollte der Kaiser sich verpflichten, Polen und Venedig zur Theilnahme am Kriege zu bewegen. , In steter Furcht vor dem Schreckgespenste eines russisch-türkischen Separatfriedens, und da die eigenen Streitmittel noch nicht in ent­sprechender Verfassung waren, fand man in Wien diese Erklärung Russlands um so mehr befriedigend, als schon die Depesche vom 12. Juni die bindende Zusicherung enthielt, dass sich Russland vor­

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