Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Friedrich Spigl, Hauptmann im k. k. Kriegs-Archive: Repressalien-Gefechte an der croatisch-türkischen Grenze in der Zeit von 1809 bis 1845
12 Repressalien-Gefeclite an der croatisch-türkischen Grenze Gemüther jener Barbaren, welche ja unsere zu ihrer vollständigen Vernichtung hinreichenden Streitkräfte mit eigenen Augen schauten, eher zu besänftigen, als sie durch harte Züchtigung in Aufregung zu versetzen und zur Rache zu entflammen. Der Commandirende gab sich daher mit den ihm gemachten Zusagen für diesmal zufrieden. Die Truppen kehrten ohne Anwendung von Gewalt zurück; Ersatz und Genugthuung wurden auf behördlichem Wege, doch wie immer, auch diesmal vergeblich angesprochen '). Der Schrecken und die Bestürzung der Türken beim Anrücken der Expeditionstruppen genügten, für geraume Zeit Achtung einzu- flössen, und bevor noch die heilsame Wirkung der Furcht abhanden kam, nahmen der Aufstand und die Wirren in Bosnien so überhand, dass jede räuberische Action nach Aussen unterblieb. Die Pforte schritt endlich mit den Waffen ein. Einige der für die Grenzsicherheit gefährlichsten Häuptlinge erlagen sammt ihrem Anhänge im Kampfe, Andere flüchteten sich auf österreichisches Gebiet’). Zustände in Bosnien und speciell im Unna -Win kel nach der Pacification im Jahre 1833. Nach Dämpfung des Aufstandes im Jahre 1833 blieb das bosnische Gebiet diesseits der Unna unter vier Capitäne getheilt, welche ') Präsidial-Registratur des Reichs-Kriegsministeriums. 2) Im Jahre 1833 betrug die männliche Bevölkerung der gesummten Militärgrenze 545.912 Köpfe; zu Haus- und Felddiensten geeignet waren 214.000, der Feldstand betrug 48.291, der Kriegsstand 88.519 Mann. Zum Feldstande gehörten die jungen Männer, welche bei den ersten zwei, den Feld-Bataillonen, einrollirt waren; zum Kriegsstande gehörten alle waffenfähigen Männer bis zum 60. Lebensjahre. Erstere konnten zu Kriegsdiensten ausser Landes verwendet werden. Die Carlstädter Grenze hatte einen Flächenraum von 170 Quadratmeilen mit 240.814 Seelen; die Banal-Grenze 50 Quadratmeilen mit 10.268 Seelen. Jedes der 6 Regimenter beider Grenzbezirke hatte, einschlüssig des Stabes und 50 Artilleristen, einen Feldstand von 2570 Mann und überdies 100 bis 200 Serezaner. Der wichtigste Dienst des Grenzers war die Bewachung der Cordonlinie, um räuberische Einfälle der Türken abzuwehren und die Einschleppung der Pest zu verhüten. Nach Massgabe der Gefahr wurde der Cordondienst auf der ganzen Linie oder streckenweise modificirt, grössere oder kleinere Contingente des Feldstandes für denselben heranzogen. Es gab sonach drei Besetzungs- oder Contumaz-Perioden. Auf der gesammten 227 deutsche Meilen langen Grenzstrecke standen mit Einschluss der Officiere in der ersten Periode 4179, in der zweiten 6798, in der dritten 10.000 Mann im Cordondienste. Die Ablösung der Wachposten fand alle acht Tage statt. Bei jedem Regimente führte ein Stabsofficier das Cordon-Commando. Zur Bewachung der Grenze bestandeu auf der ganzen Linie in massigen Entfernungen von einander blockliausmässig gebaute, vertheidigungsfähige Wacht- häuser, Csárdákén, welche sich durch Signale verständigen konnten und ihre Verbindung unablässig mittelst Patrullen unterhielten. Zur Verhütung der Pestgefahr gab es Rastelle und Contumaz-Anstalten. Erstere dienten zur Regelung des Verkehres mit den Türken, indem Käufer und Verkäufer sich verständigen, aber nicht berühren konnten. In den letzteren wurde die sanitätsmässige Reinigung aller pestgefährlichen Handelsartikel, sowie der übertretenden Personen und Thiere vollzogen.