Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Friedrich Spigl, Hauptmann im k. k. Kriegs-Archive: Repressalien-Gefechte an der croatisch-türkischen Grenze in der Zeit von 1809 bis 1845
in der Zeit von 1809 bis 1845. 9 geführt, nie zur Verurtheilung der Schuldigen führen und ihre im politischen Wege erkannten Sentenzen wegen Mangels an Executions- mitteln nicht vollstreckt werden konnten. Inzwischen fuhren die bosnischen Türken fort, alle Warnungen, Drohungen und Befehle ihrer Regierung mit Hohn entgegenzunehmen und, an die Straflosigkeit gewöhnt, in ihren Anmassungen immer weiter zu gehen. Das der österreichischen Rechtspflege von der internationalen Politik hier auferlegte Abstinenzsystem hob noch ihre Frechheit und hatte stetig häufigere und gröbere Grenzexcesse zur Folge. Die Wiedereinnahme von Cetin und Gebiet blieb stets das wirksamste Mittel zur Belebung ihrer Unternehmungslust. In der Periode vom Jahre 1815 bis 1830 überstieg der gerichtlich erhobene Werth des seitens der bosnischen Türken den Grenzern durch Raub und Zerstörung zugefügten Schadens die Summe von neun Millionen Gulden C.-M.; die weit grössere Schädigung ungerechnet, welche der Wohlstand des Volkes durch Abziehung der Arbeitskräfte zur Bewachung und Abwehr erlitt, und neben dieser Einbusse an Gut sprechen nicht minder laut die vielen Verbrechen gegen die Person durch Mord und Verstümmlung. Entschlossen, diesem Treiben ein Ende zu machen und mit dem bisher befolgten Systeme zu brechen, machte die österreichische Regierung im Jahre 1830 noch einen letzten Versuch, im Einvernehmen mit der ottomanischen Pforte, einen Ersatz für den vom Grenzvolke bisher erlittenen Schaden an berechneten Werthen zu erreichen und wirksame Massnahmen zur Herbeiführung erträglicher Zustände an der Grenze zu erzielen. Eine Commission, bestehend aus Vertretern beider Staaten, tagte zu Constantinopel; aber auch die Ergebnisse dieser Verhandlungen blieben gleich allen früheren ohne praktische Folgen. Den getroffenen Vereinbarungen gemäss erschien zwar Ende December jenes Jahres ein Hattischerif des Grossherrn, welcher die Vollgiltigkeit aller früheren, mit den behördlichen Provinzial- und facultativen Grenzobrigkeiten von Bosnien abgeschlossenen Senede (Verträge) bestätigte und für den Statthalter bestimmte Weisungen enthielt, auf welche Art in Zukunft Ordnung und Ruhe in den bosnischen Grenzdistricten zu handhaben, gegen die Ruhestörer aber mit rücksichtsloser Strenge vorzugehen sei. Allerdings war auch dieser Hattischerif nicht mehr als frühere analoge Weisungen geeignet, bessere Zustände zu schaffen, da die Mittel, welche dessen Durchführung voraussetzten, dem Vezier auch diesmal versagt blieben. Er hatte aber immerhin einige Bedeutung, da der Selbsthilfe, zu der man österreichischerseits in Zukunft zu schreiten entschlossen war, nunmehr auch für mahomedanische Rechtsbegriffe die Sanction des Kalifen zur Seite stand.