Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Die Insurrection

866 Die Ereignisse in Sarajevo und Mostar im August 1878. der Theilnakmslosigkeit der Bevölkerung vom Anfänge an stützen mussten, die Oberhand. Von einer Autorität der Regierung konnte jetzt schon kaum mehr die Rede sein; Hafiz Pascha war dem Namen nach Yali, und ein Rath aus Bürgern bestehend, sollte die Geschäfte führen; aber Beide waren vollkommen machtlos und konnten um so weniger ihren Beschlüssen Nachdruck verleihen, als sich mit Aus­nahme von Sauvegarden, welche Hafiz Pascha gleich bei Ausbruch der Revolution mit Zustimmung des Volkes den Consulaten hatte zuweisen lassen, kein reguläres Militär in der Stadt befand, auf welches sich die Regierungsgewalt hätte stützen können. Unter solchen Umständen vereinigte sich bald alle Macht in den Händen des Actions-Comité’s, welches, in sich selbst ohne Halt, mühsam nur eine Schein-Autorität dem zuchtlosen Gesindel gegen­über wahrte, mit dessen Hülfe es sich erst vor Kurzem der Herrschaft bemächtigt hatte. Es ist erklärlich, dass es Hafiz Pascha unter diesen Verhältnissen nicht wagte, das Antwort-Telegramm der Pforte, in welchem diese die Bevölkerung aufforderte, sich der Occupation nicht zu widersetzen, zu veröffentlichen, sondern es dem Actions-Comité zustellte. Dieses, weit entfernt, eine solche Kundgebung des Sultans, welche ihren Plänen jeden Boden entzogen haben würde, weiter zu verbreiten, schützte die Erregtheit des Volkes vor, um die Geheimhaltung des grossherr­lichen Telegrammes zu rechtfertigen und setzte alle Mittel in Bewegung, um die Bevölkerung zum Kampfe aufzureizen. Die eben erfolgte Besetzung Banjaluka’s und das Gefecht bei Rogelje (Varcar Vakuf) gaben Veranlassung, die Occupation als systematisch geplante Unterjochung Bosniens darzustellen. Eine Pro­clamation Sulejman Sirija’s, Stellvertreters des Kadija des Scheriates, welche in Tausenden von Exemplaren durch die ganze Provinz ver­breitet wurde, forderte alle Waffenfähigen ohne Unterschied des Glaubens zum Kampfe auf, die Säumigen mit dem Tode und dem Fluche des Propheten bedrohend *). Hadschi Loja, welcher im Actions­*) Diese Proclamation lautet in der Uebersetzung: „Brüder in Gott, Religion und Vaterland! Hört die Stimme Eurer Grossväter und Urgrossväter, die Euch von den stolzen Bergen der Bösna, welche Eure Ahnen einstens mit ihrem heiligen Blute erkämpften, — zuruft. Diese dem Glockenlaute ähnliche Stimme dringe zum Herzen eines jeden Rechtgläubigen und verkünde: dass die feindlichen Truppen unser Vaterland und unsere Güter sich zueignen wollen.“ „Die Schrift Gottes macht es uns zur strengsten Pflicht, mit vereinten Kräften unsere Religion, unser Vaterland zu vertheidigen und den Feind zu vernichten. Nach dieser Schrift sind wir verpflichtet, auf dem Altäre des Vaterlandes, Gott und seinem Propheten: unsere Habe, unsere Kinder, unser Leben und unsere Seele als Opfer darzubringen, wofür uns Kraft verliehen wird. —- Hört Brüder nochmals die Stimme Eurer Gross- und Urgrossväter, hört die Stimme der Pflicht, hört den Hilferuf de3 Vaterlandes, Eurer Weiber und Eurer Kinder, hört wie Euch Alles in den Kampf ruft. Hört und folget dieser Stimme unverzagt und mit demselben Helden- muthe, wie es einstens Eure Grossväter zu thun gewohnt waren.“ „Der Fluch des grossen und aller kleinen Propheten ereile Jeden, der nicht im feindlichen Blute badet.“ „Rechtgläubige Brüder! Erschrecket nicht vor der grossen Zahl des Feindes; bedenkt, dass wir gegen die Ungläubigen kämpfen müssen. — Seid muthig und

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