Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

66 Die Ei-eignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. kaum 5000 Bewaffnete waren zu dem Beobachtungs-Corps an der Grenze Serbiens, 3000—4000 Bewaffnete zu dem gegen Montenegx-o und die hercegovinische Insurrection kämpfenden Corps gestossen und 2000—3000 Mann hatten gegen die bosnischen Aufständischen im Felde gestanden. Letzteren wurde von Seite Serbiens ein Führer in der Person des Obersten Despotovic gegeben und das Fürstenthum unterstützte sie auch sonst, namentlich mit 4000 Stück Gewehren. Zur Bewaffnung des Kriegsdienst leistenden Massenaufgebotes waren Ende September von Constantinopel her, via Salonich und Mitrovica, 5000 Winchester-Gewehre in Sarajevo eingetroffen. Behufs Bekleidung der an dem Allernothwendigsten Mangel lei­denden Truppen schrieb die Regierung Anfangs October 1877 eine allgemeine Kriegs-Contribution von 10.000 Paar Opanken, 10.000 Paar wollenen Strümpfen und 10.000 Stück wollenen Jacken aus. Diese Gegen­stände mussten von den Gemeinden im Gelde oder in natura geliefert werden. Bei Beginn des Monats November ordnete die Regierung eine Militär-Aushebung von 200.000 Mann für das ganze türkische Reich an, von welcher Summe ein Contingent von 20.000 Mann den beiden Provinzen Bosnien und der Hercegovina zugewiesen ward. Dies war nach einer annähernden Berechnung gerade die Anzahl der im Lande vorhandenen kriegsdiensttauglichen Muhammedaner im Alter von 20 bis 30 Jahren. Da aber der Loskauf der Stellungspilichtigen auf die Dauer von drei Jahren gegen Erlag einer Befreiungstaxe von 25 Lira (ungefähr 250 fl.) gestattet und von dieser Begünstigung seitens des wohlhabenden Theiles der muselmanischen Bevölkerung ausgiebiger Gebrauch gemacht worden war, so konnte die am 18. November 1877 zu beginnende und binnen 14 Tagen durchzuführende Recrutirung trotz der den Deserteuren gewährten Amnestie erst im nächsten Jahre gänzlich bewirkt werden. Das in jeder Beziehung — quantitativ sowohl als qualitativ — geringe Ergehniss der November-Massenaushebung bestimmte endlich die leitenden Staatsmänner des in permanenten Geldnöthen steckenden und durch den Fall von Plevna (10. December) in seiner Existenz bedrohten osmanischen Reiches, die durch die neue Reichsverfassung bedingte allgemeine Wehrpflicht auch auf die christlichen Einwohner Bosniens und der Hercegovina auszudehnen. Demzufolge erging gegen Mitte December ein Pforten-Erlass an den General-Gouverneur der zuvor genannten Provinzen, alle männlichen christlichen Individuen im Alter von 18 bis 45 Jahren zum Behufe ihres Eintrittes in den Militär­dienst zu conscribiren und sofort auszuheben. Die assentirten Recruten sollten nach Constantinopel geschickt werden, und dort ihre Eintheilung in Nizam, Redif und Mustahfiz erhalten; sie hatten sich selbst mit Waffen zu versehen, wozu eine neue Steuer den Christen aufgewälzt wurde. Unter den Regierungsmassnahmen zur Vermehrung der Streit­kräfte hatte die vorerwähnte die ohnedies kritische Lage der Pforte wesentlich erschwert. Die vom Lose betroffenen und militärpflichtigen Christen flüchteten in die Wälder oder wanderten in das Ausland aus,

Next

/
Thumbnails
Contents