Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

Vorgeschichte. 25 von den ersteren nicht mehr mit so viel Schonung behandelt, als ehedem.“ „Heute gibt es dort nur mehr zwei im Widerstreite befindliche Interessen und Religionen. Von dem Augenblicke an, wo das Schwinden des Feudal-Systems die vormaligen Hörigen in Pächter oder Meier umgewandelt hatte, haben die Ausschreitungen der Eigenthümer zahl­reiche partielle oder allgemeine Aufstände hervorgerufen. Als eine derartige Bewegung im Jahre 1858 im nördlichen Bosnien ausbrach, sah die Pforte sich bestimmt, mit den Zwistigkeiten sich zu beschäftigen, welche diese Bewegung veranlasst hatten. Delegirte beider Parteien wurden nach Constantinopel berufen, und nach langen Verhandlungen, an welchen die officiöse Vermittlung des Nuntius Sr. Majestät des Kaisers-Königs ihren Antheil hatte, ward ein Ferman des Sultans erlangt, dessen Bestimmungen damals geeignet erschienen, die Interessen der ackerbautreibenden Bevölkerung mit jenen der Grundeigenthümer in ziemlich glücklicher Weise auszugleichen. Dennoch ist dieser Ferman niemals in Kraft gesetzt worden. Es würde zu untersuchen sein, ob einige Bestimmungen dieses Actenstückes nicht auch noch heute zum Ausgangspunkte eines billigen Abkommens dienen könnten, das dem Zwecke entspräche, das Loos der ländlichen Bevölkerung zu verbessern, oder ob es angemessen erschiene, zur Erleichterung der in dieser Richtung zu treffenden Massnahmen den Staatsschatz heranzuziehen, ähnlich wie dies vor einigen zwanzig Jahren in Bulgarien geschehen ist, wo die Grundlasten durch die Ausgabe von Grundentlastungstiteln, sogenannten „Sekims“ eingelöst worden sind. Wir fühlen, dass die Aufgabe schwierig ist, und dass ihre Lösung nicht das Werk eines Tages sein kann, aber wir sind der Meinung, dass es von Wichtig­keit ist, an dieselbe Hand anzulegen und das Loos der ländlichen Bevölkerung in Bosnien und der Hercegovina zu verbessern und eine der klaffenden Wunden in den gesellschaftlichen Zuständen dieser Provinz zu schliessen. Es schiene uns keineswegs unmöglich, eine Combination zu finden, welche den Bauern gestatten würde, stufen­weise und zu wenig lästigen Bedingungen uncultivirte Landesparcellen zu erwerben, die der Staat zum Verkaufe auszuschreiben hätte. Indem sie dabei, falls dies ihren Wünschen entspräche, fortfahren würden, als Pächter die Grundstücke ihrer muselmännischen Mitbürger zu bebauen, würden sie nach und nach zu dem eigenen Besitz eines kleinen unbeweglichen Eigenthums gelangen, das ihnen eine gewisse Unab­hängigkeit sichern und sie den Erpressungen der ersteren ent­ziehen würde.“ „Zieht man das gringe Ausmass von Glauben in Erwägung, dem die Verheissungen der hohen Pforte bei den christlichen Bevölkerungen begegnen, so kann man sich nicht verhehlen, dass die kundgemachten Reformen der Bevölkerung nur unter der Bedingung das erforderliche Vertrauen würden einflössen können, dass man gleichzeitig eine Insti­tution schüfe, welche geeignet wäre, eine gewisse Bürgschaft für die ernste Durchführung dieser Reformen darzubieten. Beschränkte man sich darauf, die Durchführung der freien Verfügung der Provinzial-

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