Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)
Einleitung
10 Vorgeschichte. Art. VIII. Wenn zwischen der hohen Pforte und einer oder mehreren der vertragschliessenden Mächte Meinungsverschiedenheiten, welche den Fortbestand ihrer Beziehungen zu stören drohen, entstehen sollten, so werden die hohe Pforte und jede dieser Mächte, bevor sie zur Anwendung von Gewaltmassregeln schreiten, die übrigen contra- hirenden Mächte in den Stand setzen, diesem Aeussersten durch ihre vermittelnde Thätigkeit zuvorzukommen. Art. IX. Nachdem Se. kaiserliche Majestät der Sultan in seiner beständigen Fürsorge für das Wohl seiner Unterthanen einen Ferman erlassen hat, welcher, die Lage derselben ohne Unterschied der Religion oder der Abstammung verbessernd, seine grossmüthigen Gesinnungen gegen die christliche Bevölkerung des Reiches beweist, so hat er beschlossen, um einen neuen Beweis seiner diesfälligen Gesinnungen zu geben, den erwähnten Ferman als einen freien Ausfluss seines souveränen Willens den vertragschliessenden Mächten mitzutheilen. Die contrahirenden Mächte constatiren den hohen Werth dieser Mittheilung. Es ist wohlverstanden, dass dieselbe in keinem Falle den genannten Mächten das Recht geben kann, sei es gemeinschaftlich oder einzeln, sich in die Beziehungen Sr. Majestät des Sultans zu seinen Unterthanen, noch in die innere Verwaltung seines Reiches einzumischen. Art. XXVIII. Das Fürstenthum Serbien wird auch ferner gemäss den seine Rechte und Immunitäten feststellenden Hatts, von der hohen Pforte abhängig sein; jedoch sollen diese Rechte und Immunitäten in Zukunft unter der gemeinschaftlichen Bürgschaft der Mächte stehen etc. Ausser dem Hauptvertrage vom 30. März wurde zwischen Oesterreich, Frankreich und England noch ein Abkommen ddo. Paris 15. April 1856 geschlossen, dessen beide Hauptartikel Folgendes bestimmten: Art. I. Die hohen vertragschliessenden Parteien garantiren gemeinschaftlich und einzeln, die Unabhängigkeit und Gebiets-Integrität des osmanischen Reiches, wie sie im Pariser Vertrag vom 31. März 1856 verzeichnet worden. Art. H. Jede Verletzung der Stipulationen des besagten Vertrages wird von den Mächten, welche den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnen, als Kriegsfall betrachtet werden. Sie werden sich mit der hohen Pforte über die nöthig werdenden Massnahmen verständigen, und werden unter einander ohne Verzug die Art der Verwendung ihrer Streitkräfte zu Lande und zur See feststellen. In dem oben im Art. IX des Pariser Hauptvertrages erwähnten Ferman oder eigentlich Hatt-i-Humayum (mit eigenhändigem Decret versehener Specialbefehl des Grossherrn) vom 18. Februar 1856 bestätigte der Sultan zunächst die zu Anfang seiner Regierung durch den Hattischerif von Gülhane und in späteren Verordnungen seinen Unterthanen gewährleistete Sicherheit der Person, des Eigenthums und der Ehre, sowie die den nichtmuhammedanischen Glaubens-Genossenschaften in alter und neuer Zeit verliehenen Rechte und Freiheiten.