Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)
Beiträge zur vaterländischen Geschichte. I. Major Moriz Edlen v. Angeli: Der Friede von Vasvár. Nach den Original-Acten der k. k. Archive
Der Friede von Vasvár. 27 Leopold I. trotz Allem erst dann seinen Namen unter das Friedens- Instrument setzte, als er an der Möglichkeit verzweifeln musste, seinen Landen vortheilhaftere Bedingungen erringen zu können. Die Friedensverhandlungen. Die Genesis des Friedens von Vasvár führt uns bis in das Jahr 1663 zurück, wo der Grossvezier an den kaiserlichen Gesandten Freiherrn von Goéss und den Residenten Reninger die bekannten ungeheuerlichen Forderungen stellte. Mit Constatirung dieser historischen Thatsache zerfällt somit auch der Vorwurf, dass, wenn der Friede schon durchaus unvermeidlich war, er in Form regelrechter Tractate und nicht in Folge blos neuntägiger Verhandlung hätte geschlossen werden sollen. Eine derartige Behauptung konnte nur einer sehr oberflächlichen Würdigung der historischen Begebenheiten entspringen; sie erhält einen Schein von Berechtigung vielleicht dadurch, dass in den meisten, und selbst auch in massgebenden Geschichtswerken, die Schilderung der Kriegsereignisse mit der Schlacht von St. Gotthard kurz abbricht, und mithin die Friedensverhandlungen als eine unmittelbare Con- sequenz dieses Sieges erscheinen. — Es ist schon nachgewiesen worden, dass der Friedensschluss keinesfalls aus den militärischen Errungenschaften des kaiserlichen Heeres abgeleitet werden könne; nun soll auch der eigenthiimliche Gang der Friedensverhandlungen historisch treu wiedergegeben werden, der wohl richtigere Standpunkte zur Beurtheilung der ganzen diplomatischen Action gewinnen lassen dürfte '). Seit der 1663 zu Belgrad abgehaltenen Conferenz, dauerten die Friedens-Unterhandlungen beiderseits ununterbrochen fort und scheiterten immer nur an der zähen Behai*rlichkeit, mit der R e n i n g e r die übermüthigen Ansprüche der Pforte zurückwies. Dem Grossvezier, der mit Zuversicht auf die Gunst der Waffen hoffte, war dieser Widerstand keineswegs unerwünscht; er brach sogar unter dem Vorwände, dass die Vollmachten des kaiserlichen Residenten nicht ausreichend seien, bei Beginn des Feldzuges 1664 die Unterhandlungen ganz ab und bestimmte, dass Reninger in Belgrad zurückzubleiben habe. Dieser jedoch, dessen hingebender Eifer selbst vom Auslande anerkannt wurde, verwendete sich unverzüglich um erneuerte Vollmachten, und setzte es endlich doch durch, der Armee folgen zu dürfen, „sintemalen wohl öffters ein Friede getroffen worden, da beiderseits Kriegsheere gegen einander gestanden“. Weder die strenge Bewachung im türkischen Lager, noch seine neuerliche Internirung in Szigeth konnte sein Pflichtgefühl erschüttern, 1 1) Die folgende Darstellung nach den Berichten Reninger’s an den Kaiser. — K. k. Haus-, Hof- und Staats-Archiv, 1664.