Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)

Beiträge zur vaterländischen Geschichte. II. Major Moriz Edlen von Angeli: Die kaiserliche Armee unter dem Ober-Commando des Markgrafen Ludwig von Baden in den Feldzügen 1689-92 gegen die Türken - B. Der Feldzug 1690 in Serbien und Siebenbürgen

Der Feldzug 1690 in Serbien und Siebenbürgen. 219 des früheren Systemes, als seinen natürlichen politischen Gegnern, und benützte die exponirte Stellung des kaiserlichen Corps in Albanien, um die trostlose Reihe militärischer Niederlagen durch einen, freilich nur wohlfeilen und kurz währenden Siegeszug in Albanien zu beleben. Die Reformen K ö p r i 1 i’s, weil auf die natürlichsten, zum Herzen der Nation sprechenden Grundlagen basirt, hatten denn auch den gewünschten Erfolg. Schaarenweise strömte das wieder zu neuem Selbst­vertrauen erstarkte Volk zu den Fahnen und setzte die Pforte in den Stand, den nächsten Feldzug mit einem Heere zu beginnen, wie ein solches, an Zahl und Tüchtigkeit, seit Beginn des Krieges nicht versammelt war. In politischer Beziehung von dem französischen Botschafter, Marquis de Chateauneuf, auf das lebhafteste unterstützt, unter­handelte der Grossvezier mit Polen wegen eines Separatfriedens, während er die Friedensverhandlungen mit dem Kaiser offen missbilligte und sie hemmte, wo nur immer sich ein Anlass bot. Während so die Pforte unter der Hand eines ebenso geistvollen als energischen Staatsmannes und Kriegers sich mit ungeahnter Schnell­kraft emporraffte, erschienen auch auf Seite des Kaisers die Verhältnisse wesentlich, wenn gleich nicht zum Vortheile, verändert. Die Anstrengungen im letzten Feldzuge, noch mehr aber die Drangsale nach den Operationen, hatten die kaiserlichen Streitkräfte derart verringert, dass für den nächsten Feldzug gegen die Türken kaum 11.000 Mann disponibel blieben. Die finanziellen Mittel der Erblande, durch vieljährige Kriege erschöpft, konnten nur eine schwache Beihilfe gewähren, so dass Geld, Train, Bespannung der Artillerie und sonstige Kriegsbedürfnisse in noch weit ungenügenderem Masse vorhanden waren als im Vorjahre. Dabei nahm der Krieg am Rhein immer grössere Dimensionen an und erlaubte nicht, die geringen Streitkräfte zu vermehren, mit denen nun die ausgedehnte Front von Albanien bis zur moldauischen Grenze gehalten werden sollte. Die Lage verschlimmerte sich noch, als am 15. April Fürst Michael Apaffy zu Fogaras starb, und die Pforte, entgegen den Bestimmungen des Vasvárer Friedens, die Wahl seines Sohnes nicht anerkannte, sondern Tököly zum Fürsten von Siebenbürgen ernannte, es ihm überlassend, mit Hilfe der Hospodaren der Moldau und Walachei, dann der Tataren, sich sein Fürstenthum selbst zu erobern. Dem Kaiser entstand hiedurch statt des verlorenen Bundesgenossen, der in diesem Kriege stets treu zur kaiserlichen Fahne gehalten, ein Feind, der um so gefährlicher war, als dessen ungemessenem Ehrgeize jetzt nicht nur die entsprechende Macht zur Seite stand, sondern auch sein politischer Einfluss sowohl in Ober-Ungarn als Siebenbürgen weit ver­zweigte Wurzeln geschlagen hatte. Unglücklicher Weise herrschten in Wien Einflüsse vor, welche der seit Kurzem so gründlich veränderten Sachlage keine Rechnung 16*

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