Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)
Beiträge zur vaterländischen Geschichte. I. Major Moriz Edlen v. Angeli: Der Friede von Vasvár. Nach den Original-Acten der k. k. Archive
12 Beiträge zur vaterländischen Geschichte. Operationen in dem Augenblicke Halt gebieten, wo deren Fortsetzung fast mit Gewissheit den günstigsten Erfolg voraussetzen Hesse. Es ist dies vor Allem die Beschaffenheit der Kriegsmittel; — nicht einmal schon wanden Gebrechen in dieser Hinsicht dem Feldherrn das siegende Schwert aus der Hand und nöthigten zum Aufgeben eines Kampfes, der, vom rein militärischen Standpunkte aus betrachtet, alle Chancen für sich hatte. Die Kriegsmittel der Türken entziehen sich in ihrer Eigentümlichkeit der Beurtheilung; dagegen aber fordern jene des Kaisers umsomehr dazu auf, als ihm die Geschichte nicht allein den Sieg, sondern gleichzeitig auch den unmotivirten Abschluss eines unvorteilhaften Friedens zuschreibt. Die Kriegsmittel des Kaisers. a) Die kaiserlichen Regimenter. Quantitativ war die eigene Streitmacht des Kaisers, mit Rücksicht auf die aus Ungarn und den alliirten Staaten zu ziehenden Hilfskräfte, nicht ungenügend und wäre in dieser Beziehung immerhin ausreichend gewesen, den festen Kern des Ganzen zu bilden. Was jedoch den inneren Werth der zu den Operationen verwendeten kaiserlichen Truppen anbelangt, so stellte sich ein bei Weitem weniger günstiges Yerhältniss heraus. In den Winterquartieren nicht viel minderen Entbehrungen preisgegeben als im Feldlager, konnten die Regimenter nur unvollständig die Lücken ausfüllen, welche Krankheit und Mangel in ihre Reihen rissen, noch ehe sie durch den Zusammenstoss mit dem Feinde eigentliche Verluste erlitten. Abgemattet, krank, zum grössten Theile aus Recruten hestehend, ohne genügende Officiere und schlecht bewaffnet, entbehrte diese Truppe genügenden moralischen Haltes. — In Siebenbürgen rebellirten die Besatzungen von Székelyhid und Klausenburg, verjagten ihre Commandanten und übergaben die ihnen anvertrauten Plätze, gegen Bezahlung eines Theiles des rückständigen Soldes, an den Fürsten Michael Apaffy; — auch unter den Regimentern der Haupt- Armee herrschte, besonders zu Anfang des Feldzuges, eine sehr gefährliche Stimmung, die nur durch äusserste Strenge und die abschreckendsten Strafen niedergehalten werden konnte ‘). Diese Zustände, die uns heute fast unverständlich erscheinen, erklären sich aber leicht durch das Ubermass von Leiden und Entbehrungen, welche der Krieg und Mangel an Vorsorge über den Soldaten verhängten. Der innerösterreichische Hofkriegsrath in Graz, dem die Verpflegung der Armee übertragen war, sorgte weit mehr für den *) *) Montecuccoli an den Kaiser. Kriegs-Archiv; Fase. VI, 14; VII, 1 und VIII, 23.