Zs. Kakuk (Hrsg.): Kasantatarische Volkslieder auf Grund der Sammlung von Ignác Kúnos.
Vorwort
6 Als erster Band dieses grösstenteils noch nicht he reausgegebenen wertvollen Folklorematerials erscheinen jetzt die kasantatarischen Lieder. Die kasantatarischen Lieder (vierzeilige Verse) hat KUNOS im Gefangenenlager am Eger zwischen 1915 und 1918 gesammelt. Das Manuskript besteht aus 212 Blättern, jedes Blatt enthält drei tatarische Vierzeiler mit türkischer bzw. ungarischer Übersetzung. Das ganze Material umfasst 634 Verse[4], Die Verse sind weder alphabetisch noch thematisch, noch nach anderen Prinzipien geordnet. Von den Informatoren des Materials ist nichts Näheres bekannt. KŰNOS erwähnt in seinem 1916 publizierten Bericht [5] einen aus Kasan stammenden VELIOF, der ihm bei seiner Sammelarbeit behilflich war. Es ist als fast sicher anzunehmen, dass er das Material bei mehreren Personen mit verschiedenen Dialekten gesammelt hat. Das sprachliche Material in verschiedenen Dialekten zeugt auch davon (z.B. ^úrek~júrek "Herz", Ceőek~öeSek~ Segek~őeőke~öegk e "Blume"). Die phonetische Beschreibung des tatarischen Textes ist oberflächlich, manchmal sogar fehlerhaft, im allgemeinen aber brauchbar. Aus diesem Grunde habe ich in der vorliegenden Ausgabe nur die offensichtlichen Schreibfehler korrigiert, sonst habe ich KUNOS' Orthographie und phonetisches System unberührt gelassen. Dafür ist folgendes charakteristisch: Vokale. Die Bezeichnung des velaren (labialen und illabialen) a-Lautes und des velaren I-Lautes bereitet keine Probleme. Das Zeichen dafür ist bei KUNOS 'a' bzw. T (z.B. alma "Apfel", bali k "Fisch"). KUNOS deutet den Unterschied zwischen dem offenen ä und dem geschlossenen e^ konsequent an, indem er den offenen ä-Laut mit dem Buchstaben 'e' und den geschlossenen e-Laut mit dem Buchstaben 'i' schreibt (z.B. enke j [ = änkä j] "Mütterchen", bile n [ = belän] "mit"). Da der geschlossene e-Laut mit 'i' bezeichnet wird, fallen die Zeichen des geschlossenen q- und des j-Lautes zusammen (z.B. bil "Taille, Kreuz" und bil- [ - bei-] "wissen, können"). Das Zeichen der reduzierten Vokale ist sowohl im palatalen als auch im velaren Wort (im letzteren sind sie im allgemeinen mit dem Buchstaben 'i' geschrieben, also nicht bezeichnet) einheitlich ' é' (z.B. biáé k [ = biáak ] "Wiege" und Jaj é k [= Jajäk] Name des Flusses Ural). Wegen der bekannten Tendenz der tatarischen Sprache, dass die Zungenstellung der labialen Vokale immer höher wird, nähern sich die o- und ö^Laute mittlerer Zungenstellung den ij und iULauten. Diese Erscheinung wird in KUNOS' Texten vereinfacht widergespiegelt. Nur ausnahmsweise kommen der Buchstabe 'o' (z.B. bol- [= bgl-, bul-1 "sein", qlo [ =0l0] "gross") und der Buchstabe 'ö' (z.B. gómú r [ = gäraü r] "Leben") vor, der Buchstabe 'ü' fehlt in dem Text völlig. Die velaren Labialen werden mit dem Buchstaben 'u' bezeichnet (z.B. ku ä [ = kg S ] "Vogel" und ku l "Arm") und die palatalen Labialen mit dem Buchstaben 'ü' (z.B. kun [ = kön] "Tag" und küKél "Herz").