Zalai Múzeum 14. Müller Róbert 60 éves (Zalaegerszeg, 2005)

Tóth Endre: Zur Herkunft und Ikonographie der Scheibenfibeln der Keszthely-Kultur

Zur Herkunft und Ikonographie der Scheibenfibeln der Keszthely-Kultur 185 Elfenbeinschnitzerei aus dem 5. Jahrhundert belegt ebenfalls das Weiterleben und die Bekanntheit der mythologischen Szene (HILLER 1970, Nr. 33; KAT. NEW YORK 1978). Die Bellerophon-Darstellungen symbolisieren in der spàten Kaiserzeit ganz allgemein die Bereitschaft zut Tat, die virtus, und die Besiegung des Gegners. Es ist kein Zufall, dass sich die Bellerophon-Darstellungen mit der Bedeutung der zwei gegensàtzlichen Prinzipien des Guten und des Bősen dem Hellenismus folgend nach langer Pause im spannungsgeladenen 3. Jahrhundert in der kaiser­zeitlichen Kunst und in der Symbolik háufen. 12 Und die Verwendung des Themas im 5.-6. Jahrhundert zeigt gut die Wichtigkeit des symbolischen Sinnes der mythologischen Geschichte. Dagegen wissen wir nicht, was die Bellerophon-Szene fur das Volk der Keszthely-Kultur symbolisierte. Vielleicht ergibt sich nach der Untersuchung der übrigen Scheibenfibeln die Möglichkeit einer Antwort und làsst sich der geistige Hintergrund genauer skizzieren, in dem die Darstel­lungen der Scheibenfibeln übernommen und ver­wendet wurden. Es kann wichtig sein, dass im 4. Jahrhundert in Pannonién besonders viele Zeugnisse vom Pegasus-Chimaira-Kampf erhalten blieben. Die Darstellung kommt auf kaiserzeitlichen Grabsteinen einzig in Pannonién vor (Intercisa: LOCHIN 1994, Taf. 161, Nr. 173). In den MosaikfuBboden eines Raumes in der Parndorfer Villa wurde nachtràglich, im 4. Jahrhundert eine Bellerophon-Darstellung eingefügt (KENNER 1965, 89, 93, Abb. 11; HILLER 1970, Abb, 22). Dies zeigt gut die allgemeine Beliebtheit und Bedeutung dieser Szene in der spaten Kaiserzeit. Das Bild ist auf getriebenen bronzenen Kàstchenbesch­làgen des 4. Jahrhunderts (Abb. 5), 13 auf einer Toilet­tenschachtel 14 und auf Gürtelbeschlagen (Abb 4), 15 in relativ groBer Zahl bekannt. Die Beliebtheit des Themas in Transdanubien (Abb. 9) zeigt gut, dass die Bellerophon-Szene nicht nur in der Metallkunst vorkommt. Auf dem Boden der groBen — Dm 37 cm — glasierten Schüssel aus dem Grab von Mosdós/Kom. Somogy aus dem 4. Jahrhundert wurde neben dem Rand sechzehn-mal und in der Mitte kreuzförmig viermal dasselbe Médaillon mit der Bellerophon-Szene eingedrückt (RADNÓTI 1957, 274; KAT. SZÉKESFEHÉRVÁR 1992, 82, Nr. 125). Trotz der hàufigen transdanubischen Vorkommen im 4. Jahrhundert ist nicht zu entscheiden, ob die Bellerophon-Szene von lokaler Herkunft, also das Weiterleben eines in Pannonién bekannten Bildtyps war oder aus der Thematik der spátantiken Reichstra­dition stammt. Die Frage ist, woher das Muster des im 6. Jahrhundert in der Umgebung von Fenékpuszta lebenden Goldschmiedes stammt, nach dem er den PreBstock mit der Pegasus-Darstellung schnitt. Wir wissen auch nicht, ob es sich um bewuBte Kopie in Kenntnis der Bedeutung dieser mythologischen Szene handelte oder um die zufallige Kopierung einer gefundenen Bellerophon-Platte. Sekundáre Ver­wendung kann es nicht gewesen sein, weil die Bilder der Scheibenfibeln kleiner als die kreisförmigen Pegasus­Szenén der Kástchenbeschláge sind und diese aus Bronze, die der Scheibenfibeln aber aus Silber bestehen. Also wurden die kreisförmigen Bellerophon­Bilder nicht aus dem Blech von Kâstchenbeschlâgen ausgeschnitten. Die genaue Gestaltung und treue Kopie der Details zeigt, dass der Goldschmied das mythologische Bild nicht falsch verstand. Der Darstel­lungsstil stimmt bei einem Vergleich z.B. der alaman­nischen Reiterheiligen-Kriegerdarstellungen (QUAST 2002) mit den kaiserzeitlichen Darstellungen überein. In der Kaiserzeit wurde die Scheibenfibel von Mánnern getragen: bei der Soldatentracht fasst sie den Mantel auf der rechten Schulter zusammen. Die erhaltenen Exemplare sind flach, haben keinen Rau­minhalt, ihre Dicke ist abgesehen von einigen Aus­nahmen 16 mit der Blechdicke identisch. Wichtig ist, dass sich die Fibeltracht der Manner in der spáten Kaiserzeit entsprechend ihrer gesellschaftlichen Stellung grimdlich anderte. Die kreisförmigen Klei­derschlieBen und ihre Abkömmlinge tragen bis zum 4. Jahrhundert der Kaiser, die mànnlichen Mitglieder der kaiserlichen Familie und die verbimdeten Bar­barenfürsten. 17 Die militàrische Dienstkleidung Hochrangiger, die Chlamys, wurde dagegen von einer Zwiebelkopffibel zusammengehalten. Die römischen Manner trugen die Scheibenfibel auf der rechten Schulter, und diese hatte keinen Rauminhalt. Die rundén Dosenfibeln der Keszthely-Kultur wurden dagegen von Frauen getragen. 18 Die Scheibenfibeln der Keszthely-Kultur sind Neuschöpfungen. Die Versenkung des Mittelteils der Fibeln und die Pass­rahmung sind Erfindungen des Goldschmiedes. Auch wenn die Darstellungen der Fibeln in engster Beziehung zu den spâtkaiserzeitlichen heidnischen und christlichen Themen stehen, ist weder der Fibeltyp von den kaiserzeitlichen Scheibenfibeln abzuleiten, noch kann der Fibelgebrauch aus den kaiserzeitlichen Trachtbràuchen stammen. Wenn wir die Herkunft der Gegenstandsform suchen, miissen wir die Trageweise der Fibeln, ihre formalen Vorganger und die Herkunft der bogigen Lösung finden. Vor allem anderen miissen zwei terminologische Fragen prâzisiert werden, die Form und Verzierung der Fibeln betreffen. Die Benennung Scheibenfibel ist zwar richtig, kann aber doch irreführend sein. Die Scheibe ist eine Form, die als Zylinder mit geringer Höhe zu betrachten ist, also Rauminhalt hat. Die Fachsprache dagegen nennt Scheibenfibeln die kreisförmigen kaiserzeitlichen

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