Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)
Bratož, Rajko: Der Bischoff Victorinus und die Kirchengemeinde von Poetovio [2. Hälfte des 3. Jahrhunderts]
ZALAI MÚZEUM 11 2002 Bratoz, Rajkó Der Bischof Victorinus und die Kirchengemeinde von Poetovio (2. Hâlfte des 3. Jahrhunderts) 1. Einleitung Der Bischof und Mârtyrer von Poetovio Victorinus, der erste christliche Schriftsteller nicht nur aus Pannonién, sondern aus dem gesamten Gebiet der Donauprovinzen und einer der wenigen aus diesem Bereich in der Antiké überhaupt, verfaBte in einem schwer definierbaren Zeitraum in der zweiten Hâlfte des 3. Jahrhunderts mindestens ein Dutzend von Schriften, vorwiegend Bibelkommentare, von denen aber nur ungefáhr ein Zehntel erhalten ist 1 . lm 4., 5. und 6. Jahrhundert war er im Westen ein bekannter Schriftsteller, da die testimonies über ihn bei mindestens zehn westlichen Autoren dieser Zeit erhalten sind, eine noch gröBere Zahl von anderen Schriftstellern schöpfte aus seinen Schriften 2 . In den spatantiken pannonischen Provinzen, die relativ früh barbarisiert wurden 3 und aus denen auf dem literarischen Bereich âuBerst wenig erhalten ist 4 , hat sich unseres Wissens keine Spur erhalten. Bei der historischen Auslegung und Auswertung der Schriften Victorins stellt sich als besonders wichtig die Frage, was der Autor in den erhaltenen Texten direkt oder indirekterweise über die zeitgenössischen religiösen und sozialen Verhaltnisse berichtet. Die Schriften Victorins waren namlich in erster Linie der heimischen christlichen Gemeinde gewidmet, und man kann annehmen, daB ihre ersten Leser gerade die Christen von Poetovio waren. Der Autor hat in seine Schriften die Vorstellungen, die Mentalitat, den Geist und die Ausdrucksweise der eigenen Zeit und der eigenen Umgebung eingebaut, so daB diese Schriften in gewissem MaBe die Lebensverhaltnisse der eigenen Kirchengemeinde in der zweiten Hâlfte des 3. Jahrhunderts widerspiegeln. 2. Die christliche Gemeinde a. Allgemeine Züge Einer von den charakteristischen Zügen in der Entwicklung der Kirchengemeinde von Poetovio zu Victorins Zeit war ihre groBe Entfernung von den damaligen Zentren des Christentums im Osten und im Westen, da die nachsten Zentren eigentlich Rom und Kleinasien waren, die entfernteren befanden sich jedoch erst in dem syrisch-palastinensischen Raum, in Àgypten, Afrika und Gallien. Die Théologie Victorins spiegelt in verschiedenem Umfang die Einflüsse von allén genannten frühen Zentren des Christentums wider 5 . Die Besonderheiten in der theologischen Vorstellungswelt Victorins zeigen darauf, daB der EinfluB des syrisch-palastinensischen und des kleinasiatischen Gebietes am starksten war 6 . Über die im 4. Jahrhundert zwar wichtigen Zentren des Christentums in der Nachbarschaft wie Aquileia und Sirmium, ist fur die zweite Hâlfte des 3. Jahrhunderts so wenig Sicheres bekannt, daB man über ihre éventuel len Verbindungen mit Poetovio recht wenig sagen kann 7 . Über die GröBe der Kirchengemeinde von Poetovio zu Victorins Zeit kann man nur hypothetische Schatzungen gebén. In den Quellén aus dem 2. und 3. Jahrhundert befmden sich nâmlich keine Zahlenangaben, sondern nur die subjektiven umsehreibenden Einschâtzungen der Zahl von Christen in einer bestimmten Gegend, in einer Provinz oder in der gesamten Oikumene 8 . In Poetovio, einem überregionalen Zentrum mit einigen kosmopolitischen Zügen 9 , könnte man mit dem Bestehen einer relativ groBen christlichen Gemeinde rechnen (einige Hunderte von Glâubigen?) 10 . Die Tatsache selbst, daB diese Gemeinschaft von einem Bischof geleitet wurde, erlaubt an sich keine genaueren numerischen Schatzungen, da die Bischofswürde in der Frühzeit auch im Fali von recht kleiner Zahl der Glâubigen verliehen werden konnte 11 . Die bisherigen archâologischen Forschungen ermöglichen keine SchlüBe über diese Gemeinschaft, da die Existenz des Christentums in Poetovio mit materiellen Funden erst für das zweite Drittel des 4. Jahrhunderts bewiesen ist 12 . Sie gebén aber die annâhernden Kontúrén der Entwicklun der Stadt, die gerade in der Zeit Victorins (als Folge einer Erdbeben- und Wasserkatastrophe?) groBe Verânderungen erlebte 13 . Aus verschiedenen Textstellen im Victorins Kom-