Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Nagy, Margit: Synkretistische Elemente in der frühawarenzeitlichen Ornamentik. Zur Frage der awarenzeitlichen Variente des Motivs „Maske bzw. Menschengesicht zwischen zwei Tieren

156 Nagy, Margit schengesichtsdarstellungen der Riemenzungen Keszt­hely-Typs von den anderen, im frühawarenzeitlichen Fundmaterial vorhandenen Menschenköpfen (CSAL­LÁNY, 1939, 141-142; KOVRIG 1946-1948, 339, 345, Taf. LXXII, 2)? Der Dreierbogen des oberen Endes der silbernen Riemenzunge von gebogener Seite und leicht zuge­spitztem Ende erinnert an die Umrahmung der byzanti­nischen goldenen Riemenzungen, z. B. an die der Hauptriemenzunge von Sirmium (POPOVIC 1997, Fig. 22). Auf der Riemenzunge von Keszthely erheben sich die Bögen aus dem VerschluB des oberen Endes der Komposition. Der Schwerpunkt der Verzierung ist das mittlere Médaillon, in dem vier Rundgabeln und vier Rosetten vom Zentralkreis alternierend zum AuBenrand ausgehen (Abb. 5, la). Gy. László hielt dieses acht­teilige Zeichen fűr eine Tamga-Verzierung (LÁSZLÓ 1955, 171, Fig. 53). Diese Meinung wurde von I. Bóna (BÓNA 1980, 73, Abb. 20, 52) und J. Harmattá (HAR­MATTÁ 1983, 94, Abb. 10) mit Parallelen unterstützt. N. Fettich gab eine andere mögliche Interpretierung: Das Médaillon von Keszthely erinnert an die Verzie­rung der durchbrochenen Zierscheiben der merowingi­schen Frauentracht (FETTICH 1937, 22; RENNER 1970, Тур. Ili, Nr. 146, 160, 292, 345 usw.). Das Tatzenkreuzmuster ist auch in der awarischen Orna­mentik bekannt (NAGY 1998, Abb. 22, 5-6). Im Médaillon der byzantinischen Schnalle Syracusa-Typs, die im Grab 44 von Szeged-Makkoserdő vorkam, ist ebenfalls diese Kreuzform zu sehen (SALAMON 1995, 115, Pl. 4) (Abb. 6, 4). Eben die im Grab 209 von Győr gefundene Riemenzunge, auf der Tierköpfe an der Stel­le der Menschenköpfe und aus unregelmâBigen Zick­Zack-Linien bestehendes Muster in das Médaillon ge­zeichnet wurden (Abb. 6, 3), bestütigt die Annahme, daB es sich bei den Riemenzungen Keszthely-Typs um bewuBt angewandte christliche Symbole handeln kann. Ober- und unterhalb des Médaillons befinden sich bartig-schnurrbartige Mannergesichter (Abb. 5, lb). Die Details der Köpfe sind nicht klar, da die PreBform vermutlich nicht mehr scharf genug war. Die Ziige des unten sichtbaren Menschenkopfes sind besser wahr­nehmbar, namlich die V-förmige Stirnfalte, die bogigen Augenbrauen und mandelförmigen Augen (ohne Pupil­le), die gerade Nase, der herunterhângende Schnurrbart, ferner die mit unklaren Linien dargestellten Haare und der âhnliche Bart. Die Menschenköpfe werden beiderseits von stark stilisierten, symbolischen Tierfïguren umgeben (Abb. 5, lc). Die Tiere schmiegen sich an den Rand der Rie­menzunge, ihr Kopf ist nach dem Médaillon gewandt. Neben dem oben sichtbaren Menschenkopf wurden ganze Tierfïguren dargestellt (Abb. 5, Id). Die Tierköp­fe erscheinen in einem langlichovalen Rahmen, in des­sen Inneren sich eine Punkt-Komma-Verzierung befin­det. Der Hals der Tiere wurde mit einem vertikalen Linienpaar dargestellt, dessen Enden sich nach oben verbreiten. Der Körper besteht aus einem Dreieck mit gebogenen Seiten. Die Kontúrén des Halses und Kör­pers bilden eine Umrahmung fur die Menschenköpfe. In beiden oberen Ecken der Riemenzunge sind birnen­formige Schenkel mit den angehörigen Beinen in Dreicken mit gebogenen Seiten zu sehen. Die Beinen wurden mit zwei symmetrisch angeordneten Dreiecke verziert. Der Dreierbogen des oberen Randes der Rie­menzunge ergibt sich aus der Umrahmung der Beine der Tierfïguren und dem Bandrahmen um den Niet. Auf dem unteren Teil der Riemenzunge blieb weniger Platz fur die Tierfïguren unter dem Médaillon: Da wurden nur die Köpfe und die mit dem Hals verbundenen Kör­perzeichen dargestellt (Abb. 5. le). Dieser Tierkopf von charakteristischer Form kommt meines Wissens nur auf den awarenzeitlichen gegossenen Fibeln vor, so z. B. auf der Kopfplatte der im Grab 33 des Graberfeldes von Szeged-Fehértó A gefundenen Fibel (Abb. 6, 2). Die Verzierung der Riemenzunge von Keszthely-Fe­nékpuszta vertritt eine eigenartige Variante der Kom­position "Menschengesicht zwischen zwei Tieren". Die stark stilisierte, fast zeichenartige Darstellung der Tier­gestalten - wie das Punkt-Komma-Muster darauf auf­merksam macht - ist sicher mediterránén Ursprungs. Das Punkt-Komma-Muster wurde im 6. und 7. Jahr­hundert in der byzantinischen Verzierungskunst nur als ein Element der Ornamentik verwende. Sowohl seine gepreBten als auch seine durchbrochenen Varianten tre­ten auf, so erscheinen sie auf den gepreBten Giirtelgar­nituren (WERNER 1974, 123; ROSS 1965, II, 41-42, No. 42, PI. XXXIV) und auf den sog. gegossenen Mas­kenschnallen, haufig als das Begleitmuster von christli­chen Symbolen (WERNER 1955, 43; CSALLÁNY 1962, 60). Für die Anwendung des Punkt-Komma­Musters bei den Tierfïguren gibt es aber sehr wenige Beispiele. Wenn es vorkommt, wird ein Seetier damit verziert (BANGHARD 1998, 31, Abb. 6), oder es sym­bolisiert einen Vogelkopf mit Schnabel, wie neben dem Christus-Medaillon eines byzantinischen goldenen Pektoralkreuzes aus dem 7. Jahrhundert (Abb. 4, 4), oder auf dem Balken des alamannischen Goldblattkreu­zes von Sontheim (Abb. 14, 2b). Die letztere Dar­stellung ahnelt der Form der Tierköpfe von Keszthely auffallend. Bei den italischen langobardischen Blatt­kreuzen ist es eine allgemeingültige Regel, daB die Punkt-Komma-Ornamentik mit den Mustern des ger­manischen Tierstils nicht gemischt wurde (ROTH 1973, 202). Die Komposition von Keszthely ist eben darum intéressant, da ihre Struktur an die Bilder des I. germanischen Tierstils erinnert, zugleich aber die me­diterráné Ornamentik bei der inneren Verzierung der Tiergestalten angewandt wurde. Der Planer der Kom­position kannte die Bedeutung des "menschlichen Gesicht zwischen zwei Tieren"-Motivs, aber er wollte die Tierfïguren nicht übermaBig betonén. Die Möglich­keit, die Komposition von Keszthely als christlich zu deuten, oder mindestens ihren synkretistischen Cha-

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