Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Bratož, Rajko: Der Bischoff Victorinus und die Kirchengemeinde von Poetovio [2. Hälfte des 3. Jahrhunderts]

12 Bratoz, Rajkó torins, das der Bischof von Poetovio aus den Schriften des jerusalemer Bischofs Alexander zur Zeit seiner ver­meintlichen Reise in den Osten (um 258-260) entnom­men hat í05 . Das Fragment erwahnt in chronologischer Reihenfolge fünf Daten aus dem Lében Christi: die Geburt (am 25. Dez. des Jahres 9 nach Chr.(!)), die Taufe (am 6. Január im Jahre 46!), den Tod (am 23. Marz 58), die Auferstehung (am 25. Mârz) und die Himmelfahrt (am 3. Mai des gleichen Jahres) 106 , als Datum der Verkündigung Marias den 25. Mârz. Offen­sichtlich feierte zu Victorins Zeit an diesen Tagén auch die Kirchengemeinde von Poetovio. Zwei christliche Festtage sind dabei überraschenderweise mit den heid­nischen Festen zusammengefallen. Der Tag der Geburt Christi (der 25. Dezember, der sich im Westen erst all­mahlich druchgesetzt hat, nach der ersten Erwahnung bei Hippolytos allgemein erst zur Zeit Constantins) 107 fiel mit dem Fest der Sonne zusammen, das von den Verehrern des Sol invictus wie von den Mithrasanhan­gern gefeiert wurde 108 . Berücksichtigt man die religio­se Zugehörigkeit der Einwohner Poetovios in der Zeit Victorins 109 , kann man vermutén, daB der 25. Dezem­ber für einen groBen Teil der Stadteinwohner ein Fest­tag war. Auch das Fest der Taufe Christi, in Poetovio am 6. Január gefeiert 110 , fiel mit einer heidnischen Feier zusammen. An demselben Tag feierte man die Geburt des Gottes Dionysos. Da dieses Datum für das heidnische Fest nur im Osten belegt ist 111 und da der Dionysuskult in Poetovio nicht mit Sicherheit belegt ist 112 , kann man über eine éventuelle Koinzidenz mit dem christlichen und heidnischen Fest nichts sagen. Von den liturgischen Formeln ist bei Victorin das sog. Trishagion angefiihrt, wobei die Textstelle unzwei­felhaft beweist, daB die urspriingliche Kirchengemein­de in Poetovio die liturgische Formel in griechischer Sprache verwendete 113 . Die gleiche Formel östlichen Ursprungs ist im Westen zum ersten Mai gerade im benachbarten Aquileia um 400 in lateinischer Fassung belegt 114 . Der östliche EinfluB zeigte sich letzten Endes in einer Reihe von grundlegenden christlichen Vorstel­lungen, die sich sicher nicht nur persönlich an Victorin beziehen, sondern an die gesamte Kirchengemeinde: die Form des Glaubensbekenntnisses {regula fidei, mit Elementen syrischer Herkunft), Chiliasmus oder Mille­narismus mit Erwartung des baldigen Endes der Welt und der Zeiten und - im Kontext des eschatologischen Kampfes zwischen Christus und Antichrist unmittelbar vorher - die Vorstellung vom auferstandenen Nero {Nero redivivus) als dem personifizierten Antichri­sten 115 . 3. SchluRfolgerung: der Charakter der Kirchengemeinde von Poetovio Die Kirchengemeinde von Poetovio war zur Zeit Victorins schon verhaltnismaBig entwickelt und mit gröBeren Gemeinden im Westen vergleichbar. Des­wegen scheint uns der SchluB berechtigt, daB zwischen der ersten Evangelisation und der Zeit Victorins minde­stens eine Generation verlief. Diese Gemeinde war in der zweiten Halfte des 3. Jarhunderts relativ zahlreich, offensichtlich auch sozial differenziert und zumindest in einem Teil der Mitglieder genug ausgebildet, um die Schriften Victorins verstehen und die Glaubigkeit mit dem Bibelstudium vertiefen zu können. Zur Zeit der Enstehung des Kommentars zur Offenbarung war die ecclesia catholica zwar nicht verfolgt, dennoch lebte sie mit dem Gefuhl, daB die Verfolgungsgefahr noch immer droht. Der Bischof selbst kannte derartige Erfah­rung, da er offensichtlich die Verfolgung(en) unter Decius und/oder Valerianus miterlebte. Victorinus behandelte in den erhaltenen Schriften nicht die Frage des Zusammenlebens mit andersglâubi­gen Mitbürgern. Im Kommentár zur Offenbarung befin­den sich einige (zwar mögliche) Anspielungen auf den Mithraskult und den Sonnenkult. Der Bischof wollte offensichtlich das Verhaltnis zu dem mehrheitlichen heidnischen Teil der Bevölkerung nicht zuspitzen. Die Heiden treten in der eschatologischen Perspektive als potentielle (d.h. kiinftige) Christen auf. Etwas mehrtritt die Frage der Beziehugen zu den Juden und dem Juden­tum hervor, dennoch erlauben die einzelnen polemi­schen Notizen keine sicheren SchlüBe über die éven­tuelle Anwesenheit einer jüdischen Gemeinde in der Stadt. Für den Bischof war am allerwichtigsten die Frage der zeitgenössischen Haresien (der patripassiani­schen, marcionitischen und montanistischen), die in Poetovio offensichtlich bekannt waren, vielleicht für das ungetrübte Leben der Kirchengemeinde auch ein störendes Element darstellten 116 . Angesichts der Hau­figkeit und Art der Polemik scheint es, daB das Verhal­ten des Bischofs gegenüber den genannten drei Grup­pén âhnlich wie ein gutes Jahrhundert spâter bei dem Bischof von Aquileia Chromatius war: ablehnend gegenüber den Heiden, starker ablehnend gegenüber den Juden und völlig unversöhnlich gegenüber den Hâretikern 117 . Woher sich das Christentum nach Poetovio ausbrei­tete, kann man nicht genau feststellen. Den Kern der Gemeinde bildeten die Glaubigen östlicher Herkunft, die in betrachtlichem MaBe die lateinische Sprache übernommen habén, die aber bei dem Gottesdienst (zumindest für die Gebetsformeln) das Griechische ver­wendet habén, und derén grundlegende Religionstermi­nologie unter starkem EinfluB des Griechischen stand. Die Besonderheiten der Théologie Victorins und seine (sehr wahrscheinliche) Verbindungen zu den Zentren des Christentums im Osten zeigen auf den vorherr­schenden oder zumindest starken EinfluB des syrisch­palastinensischen und kleinasiatischen Raumes 118 , bei einer gleichzeitigen Beeinflussung von anderen Zen­tren der damaligen christlichen Welt.

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