Zalai Múzeum 4. (Zalaegerszeg, 1992)
Moačanin, Nenad: Verwaltungsgeschichte Mittelslawonies als Bestandteil des eyâlets Kanizsa
74 Moaöanin, Nenad eindeutíg über die Abhângigkeit Kanizsas von Buda. Ich habé eigentlich keinen Beleg für einen Status dieser Statthalterschaft getroffen, der auf seine Ebenbürtigkeit den anderen gegenüber hingewiesen hâtte. Das gilt vor allém fur Schriften des 'Ayn-i 'Ali, QocT bey und 'Ali Cavus" dann für das sg. „Qanun-nàme-i sultan Ibrahim". 6 Haci Kalfa kommt für das 17. Jh. überhaupt nicht in Betracht. 7 Von den Artikeln in der Islam Ansiklopedisi ist Baysuns Aufsatz „Budin" für unsere Frage von keinem Nutzen, dagegen besagt Gökbilgins Feststellung (s. unter („Egri") dass Eger zunáchst wie Kanizsa ein Budaer sancak gewesen ist ungefahr dasselbe wie meine Vermutung. Hier möchte ich nur auf ein Entwurf der Verwaltungseinteilung des Osmanischen Reiches aus dem Jahr 1606 aufmerksam machen, das mir zuverlássig und mehr einleuchtend zu sein scheint als die anderen: nach dem Auszug aus den Schriften des Tercüman Yahya bey, den I. Szamosközy verfasste, 8 bestand das eyâlet Buda von 14, Bosnien aber von 9 sancaks, Szigetvár, Pécs und Pozega inbegriffen, wáhrend Kanizsa, obwohl eine Statthalterschaft, keine sancaks hatte. Dazu ist auch zu bemerken, dass in diesen Verzeichnissen der Amt des hazine defterdárt wie derjenige des timar defterdárt seinen Sitz in Buda hat, und ist gemeinsam für aile drei eyâlets. In der jugoslawischen, bzw. kroatischen Geschichtsschreibung hat bisher niemand die Lage Pozegas im 17. Jahrhundert in Frage gestellt, oder wenigstens seinen Zweifel darüber veröffentlicht. Nur H. Sabanovic hat in Anmerkungen zu seiner Übersetzung einiger Teile Evliya Çelebis Seyâhatnâme die Annahme einer besonderen Stellung Pozegas bekâmpft, und zwar aufgrund der schon erwâhnten Literatur, wie z.B. Baysuns Artikel und Haci Kalfa wie auch mit Verweisen auf Feketés „Türkische Schriften aus dem Archive des Palatins Nikolaus Esterházy", wo ich aber nichts fur unserer Thema finden konnte, ausser einer kartographischen Darstellung der eyâlet — und sancakgrenzen, die zumindest in Slawonien sehr fehlerhaft gezogen sind. 9 Doch kann man die Kritik des Sabanovic, wie auch unbegründet sie uns erscheint, nicht so einfach abtun. Der Autor hat namlich die Zeit der Reisen Evliyas vor Augen gehabt, eine Zeit also för welche es schon auch in den osmanischen Quellén Anzeichen gibt, dass der Pascha von Kanizsa seine Herrschaft über Mittelslawonien fest in der Hand hatte. Aus dem ziemlich widersprüchlichen Bericht Evliyas kann man doch die Schlussfolgerung ziehen, dass Kanizsas Kompetenz im Fali Pozega schon über die militarischen Angelegenheiten im engsten Sinn hinausgegangen ist: der örtliche Dynast Sarhoszâde Ibrahim Pascha hat namlich dem Reisenden versichert, dass „sie", d.h. der sancak selbst, „nicht den bosnischen Steuerámtern gehören." 10 Aus derselben Zeit sind uns auch defters zuganglich, nach denen Pozega samt anderen zu Kanizsa gehörenden sancaks den Kopfsteuerbetrag ins Zentrum der Statthalterschaft lieferte und für die Verproviantierung sorgte (cizye, nüzül). 11 Mit den Kopfsteuergeldern wurden dann die Truppén besoldet. Das mag wohl die Annahme untermauern, dass Kanizsas Lage wenigstens einer des salyâne - eyâlets âhnelte. Offensichtlich benahm sich die osmanische Staatsgewalt sehr flexibel, indem man bezüglich Kanizsas Finanzierens auch den sancak Zvornik, der zweifellos zu Bosnien gehörte, den Steueràmtern zu Kanizsa unterstellt hatte. Andererseits wurden Einkünfte von staatlichen Liegenschaften (havass) in Pozega als Gerstengeld (arpaliq) im 17. Jh. nicht nur wie anfanglich dem Pascha von Kanizsa, sondern âuch anderen Statthaltern verliehen (z.B. von Temesvár und Újvár/Neuhausel). 12 Für die tatsàchliche Zustândigkeit Kanizsas haben wir einen noch viel schlagenderen Beweis im Bereich der inneren Angelegenheiten der katholischen Kirche: da die slawonischen Franziskaner nie die Oberhoheit des bosnischen Bischofs anerkennen wollten, haben sie vor dessen Übergriffen Zuflucht beim Pascha von Kanizsa zu suchen gepflegt. Dieser hat sich freilich bei solchen Anlâssen nicht lange drângen lassen, um sich einzumischen. Dazu gibt es Beispiele seit 1646. ° Es scheint, dass der bosnische Statthalter das Oberkommando auf dem zu Pozega gehörigen Stuck Grenzland um Virovitica nie hâtte einem anderen überlassen müssen. 14 Daraus ergibt sich, dass im slawonischen Zwischenstromland die Grenzbesatzungen einem anderen Herrn gehorchten, als diejenigen im Hinterland, was Zwistigkeiten heraufbeschwörte. So z.B. hat 1664 der mütesellim von Pozega, sehr wahrscheinlich im Auftrag des Paschas von Kanizsa eingesetzt, die vom Beutezug heimkehrenden bosnischen Truppén ihrer Beute zu berauben versucht, aber er wurde in einer regelrechten Schlacht geschlagen. Die Schilderung dieses Vorganges verdanken wir Evliya Çelebi, der darán beteiligt war. 15 Mit diesen Beispielen habé ich auf die Tatsache hinweisen wollen, dass die Wirklichkeit viel verwickelter war, als man bisher angenommen hat. Ein klares Bild über allé Besonderheiten der Verwaltungsgeschichte im pannonisch-westbalkanischen Raum unter den Osmanen instandezusetzen, bleibt eine Aufgabe der weiteren Forschung.