Zalai Múzeum 3. (Zalaegerszeg, 1991)

Dostál, Bořivoj: Zur Datierungsfrage des Grossmährischen Schmucks

84 Dostál, Bofivoj als sich auch der byzantinische Einfluss auf Russland, vor allém seit der Christianisierung am Ende des 10. Jahrhun­derts erweiterte. Es ist aber zu bemerken, dass V. Hruby, obwohl er die reifsten Schmuckstücke aus den Grábern Na valách in die 1. Hâlfte des 10. Jahrhunderts eingliederte, ursprünglich meinte, dass der prunkvolle Schmuck kaum bei der einheimischen Bevölkerung bald nach dem feindli­chen Raubzügen in der Zeit nach dem Verfall des Grossmahrischen Reiches zu finden ware (Hruby 1955a, 298). Seine Ansicht widerspiegelte sich spáter offensicht­lich in der Veröffentlichung seiner Mitarbeiterin K. Mareáfová, die mit der Datierung der byzantinisch-orienta­lischen Schmuckstücke aus dem Gráberfeld in Sady nicht die Wende des 9./10. Jahrhunderts iiberschritt (Mareáfová 1983, 106). Das eigentliche Mahren wurde nicht von den Ungarn besetzt, wie dariiber die fast absolute Absenz altungarischer Funde zeugt, Gleichwohl verloren mit dem Verfall des Grossmahrischen Reiches die Bedeutung die grossen zentralen Burgwalle im Marchtal, sowie auch die auf ihnen wohnende Oberschicht ihre Macht, und es erlosch auch die Produktion der Juwelierwerkstatten, die fiir sie arbeiteten. Der prachtvolle Zierat muss verhaltnismassig rasch verschwunden sein, offensichtlich schon im ersten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts, da die ókonomische Sta­bility des Grossmahrischen Reiches schon im letzten Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts zerstort wurde. Die Veranderungen, die im hofischen grossmahrischen Schmuck im eigentlichen Mahren ersichtlicht waren (Dostál 1966, 91 ), verliefen wahrscheinlich schon am Ende des 9. Jahrhun­derts, weil die neuen Elemente im bohmischen Schmuck grossmahrischen Ursprungs in Stará Koufim und in der Prager Burg u. a. weit ausdriicklicher sind als in Mahren, obwohl die Koufimer Produktion schon im dritten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts erlosch ($olle 1966, 226—227). Es scheint also, dass der Schmuck der grossmahrischen Ober­schicht so rasch endet, wie die kompletten Gürtelgarnituren und besserer Frauenschmuck der Spátawarenzeit (Giesler 1980, 98, Anm. 19). Offensichtlich ist es notwendig, R. Turek rechtzugeben und nicht den Retardationsmoment im massenhaften Einlegen der prachtvollen Schmucksachen in die Gráber zu iiberschatzen (Turek 1960,296—7). Das Verschwinden des Zierates der grossmahrischen Ober­schicht bedeutet keinen Besiedlungshiatus; dass bezeugt der fortschreitende Volksschmuck in den Dorffriedhöfen un weit der Burgwalle und vielleicht nach einer kiirzeren Pause auch auf einigen davon. In dem ersten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts beginnt im Kern des grossmahrischen Territoriums die nach­AVDUSIN, D. Л. 1972: Gnôzdovo i deprovskij put. In: Novoje v archcologii, Moskva, 159—169. grossmahrische Période, in der die alten Machtstrukturen zerfielen, und ihre niedrigeren Komponenten diirften sich in den Randgebieten Máhrens und der Slowakei erhalten habén (Ratkoáf 1965; Ruttkay 1985). Die Kultur rustika­lisierte sich allmáhlich. Die obère Grenze dieser Epoche kann man in der 2. Hâlfte des 10. Jahrhunderts erblicken, als der Premyslidische Staat wahrscheinlich wáhrend seiner Nordostexpansion Nordmahren eroberte, oder am Ausgang des 10. Jahrhunderts im Zusammenhang mitderpolnischen Okkupation und mit dem definitiven nachfolgenden An­schluss Máhrens zum Bohmischen Staat um die Wende des 1. Viertels des 11. Jahrhunderts. In dieser zweiten Phase kam es schon zum tiefgreifenden Wandel der materiellen Kultur in die Gestalt, welche wir aus den Reihengráberfel­dern des 11.—12. Jahrhunderts sowohl im Schmuck, als auch in der Keramik erkennen (Mèrinsky 1986, 52—65; Sikulová 1958). In der Slowakei war die Situation im 10. Jahrhundert offensichtlich mehr gunstig fur die kontinuierliche Ent­wicklung, nicht nur im mittleren und nördlichen Teil des Landes, sondern auch im siidwestlichen, von den Ungarn besetzten GebieL In den hiesigen Flachgraberfeldern kann man in den Grabverbanden das Zusammentreffen der byzantinisch-orientalischen grossmahrischen, donaulándi­schen (mit zahlreichen diinnen Schlàfenringen mit S­Schleifen) und vereinzelt auch altmagyarischen Schmuck­stücken beobachten (ToCik 1971). Hier bildet die gross­mahrische Komponente evident eine der WurzelnderBijelo Brdo-Kultur. Zum Schluss kann man konstatieren: Der Schmuck des gemeinen grossmahrischen Volkes hat donaulàndischen Charakter, mit unklaren chronologischen Grenzen im Rahmen des 8. bis 10. Jahrhunderts und mit umfangreicher territorialer Verbreitung (im Kárpátén- und im Bohmi­schen Becken, in Donau- und Ostalpenraum). Ohne ge­meinsames Vorkommen mit typischen grossmahrischen Waffen, Reiterausrüstung und Keramik und ohne Beriick­sichtigung schrifüicher Quellén ware es nicht möglich, ihn als grossmahrisch zu unterscheiden. Der Schmuck der grossmahrischen Oberschicht, der unter byzantinischen Einflussen entstand, kommt iiberwiegend (ausser trauben­artigen Ohrringen) nur in den politischen Zentren vor, und im eigentlichen Mahren ist er auf das 9. Jahrhundert beschránkt, Eine spátere Entwicklung weist er in Böhmen und in der Slowakei auf, wo er zusammen mit dem Volks­schmuck an der Entstehung der dortigen Gruppé der Bijelo Brdo-Kultur teilnahm. BENDA, K. 1961 : Contribution à l'étude du style des parures de la Grande Moravie. Byzantinoslavica 22, 55—64. Liter atur:

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