Zalai Múzeum 3. (Zalaegerszeg, 1991)
Szameit, Erik: Anmerkungen zur Chronologie des 8.–9. Jahrhunderts im Ostalpenraum
76 Száméit, Erik stimmt werden, wobei die mitgefundene Flügellanze diesen chronoiogischen Ansatz unterstreicht Gleichfalls aus typologischen Erwâgungen ist das Waffengrab 2 aus St. Georgen an der Gusen 47 im südlichen Mühlviertel diesem frühen Horizont anzuschliessen. Es enthâlt als eines der wenigen Graber dieser Zeitstufe noch eine kompiette, aus Spatha, Sax, Lanzenspitze und einem Sporen bestehende Waffenausrüstung. Das ganze Ensemble entspricht dem Erscheinungsbild der wenigen, noch voll ausgestatteten, Waffengráber der Steinschen Stufen В und C, die in das 8. Jh. dauert werden. 48 Die Spatha steht dem Typus Immenstedt/Dunum 49 bzw. dem Тур В nahe, der Sax und die grosse Lanzenspitze mit breitem Blatt habén zahlreiche frühkarolingische Parallelen und der einzelne, mit Silber und Messingfáden tauschierte Schlaufensporn erinnert noch an die spâtmerowingischen Pranksporenformen des ausgehenden 7. Jh.s. 50 Dieser breiten Palette sicher datierbarer, geschlossener Grabkomplexe steht noch eine Reihe von awarischen bzw. friihkarolingischen Einzelfunden zur Seite, die den im Laufe des 8. Jh.s vollzogenen Kulturaustausch aufs Beste demonstrieren. So kann das mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls aus einem zerstörten Grabe stammende, dem Тур „Altjührden" nahestehende Schwert von Gramilach in Kâmten, 51 die streifentauschierten Steigbiigel mit abgedrehter Öse aus Urlaken 52 und die frühkarolingischen Sporen aus Villach —Altlind 53 ebenso dem 8. Jh. zugewiesen werden wie die spatawarischen Giirtelteile aus St. Peter bei Grafenstein, 54 die vom Erscheinungsbild etwa der Garnitur aus Krungi entsprechen. Nicht zuletzt ist auch die aus der Traunmiindung bei Linz stammende Spatha mit dreieckigem, messingtauschiertem Knauf, 55 als Vorlâufer der jiingeren Schwerter vom Typus H, ein Exemplar des 8. Jh.s Die Grosse Zahl dieser Vertreter des 8. Jh.s zeigt auch, dass es sich hier wohl nicht um zufallig ins 9. Jh. verschleppte Einzelstocke handeln kann. Zudem sind ja mit zwei Sch wertern des Typus К auch jiingere Formen aus der Übergangszeit vom 8. zum 9. Jh. vorhanden^ 56 Wir können also bei den besser ausgestatteten mânnlichen Bestattungen innerhalb der frühmittelalterlichen Körpergrâber im Ostalpenraum eindeutig einen dem 8. Jh. zuordenbaren Horizont herausarbeiten. Mit der Feststellung dieses im 8. Jh. beginnenden Horizontes sind aber auch aile Vorstellungen und Spekulationen von einem unbesiedelten Raum bzw. von einer archaologisch einfach nicht fassbaren slawischen Kultur im Ostalpenraum zuriickzuweisen. Frauengrâber: Nun ergibt sich das Problem, dass sich diesen „reprâsentativen" Mannergràbern offenbar keine „gleichzeitigen" Frauengrâber zuordnen lassen. Das liegtoffensichtlich z.T. daran, dass die iiberwiegende Mehrzahl der weiblichen Bestattungen nur mit sehr armlichen, wenig reprâsentativen Trachtzubehör ausgestattet war und sich damit einer genaueren chronoiogischen Erfassung entzieht. Im Gegensatz zu den reichen Mannergràbern mit ihren chronologisch empfindlichen Gürtelschmuck und Waffen sind die etwa zeitgleichen Frauengrâber also nicht so einfach zu identifizieren. Abgesehen davon, dass gutausgestatteteFrauengàber âhnlich selten sind wie ihre mânnlichen Gegenstiicke, so enthalten auch sie nur selten chronologisch exakt zu bestimmende Formen. Des öftern lassen sich aber auch hier Schmuckkombinationen mit Objekten aus dem bairisch-frânkischen Formenvorrat und awarischen Formen beobachten. Durch diesen Kulturkontakt scheint zumindest eine gröbere zeitliche Eingrenzung möglich. Vereinzelte Frauengrâber in slawischen Korpergrâberfeldern enthalten Schmuckformen, die absolutchronologisch an die Wende vom 7. zum 8. Jh. zurückführen und die damit etwa die Zeitstellung des Grabelsdorfer Mânnergrabes einnehmen. Eines dieser Graber ist das Grab 186 des Grâberfeldes von Gusen. 57 Es enthâlt u.a. zwei Bommelohrringe aus Silber, derén beste Parallelen noch in alammannischen bzw. bairischen Reihengrâberfeldern der 2. Hàlfte des 7. Jh.s auftreten. 58 Da das Gusener Grâberfeld am Rande des bairischen Siedlungsgebietes in der Nâhe des Grâberfeldes von Linz-Zizlau liegt, kann eine direkte, frühe Vermittlung dieses Schmucks nicht ausgeschlossen werden. Ein âhnlicher Fall liegt beim Frauengrab I des Grâberfeldes von Pitten vor. 59 Hier war die Tote u.a. mit zwei awarischen Ohrringen ausgestattet, die allgemein dem spàteren 7. und der 1. Hàlfte des 8. Jh.s zugeordnet werden. 60 Auch hier ist eine Grablegung innerhalb dieser Zeitspanne anzunehmen. Die wesentlichen Formen des 8. Jahrhunderts hat J. Giesler bereits mit den Typen seines „ Vor-Köttlach-Horizontes zusammengefasst. Sie beinhalten u.a. zusammengesetzte Bommelohrringe, Kettchenohrringe, Kreuzfibeln, Nadelbüchsen und verschiedene Perlentypen (Augenperlen, Mosaikaugenperlen und Stangenperlen). Aus dem spatawarischen Milieu sind die gegossenen, punzierten Armreifen, beinerne Nadelbüchsen, Drahtohrringe mit Spiralende bzw. mehrfachem S-ende und frühe Schildchenfingerringe vorhanden. Detaillierte Materialaufnahmen, so z.B. der merowingischen Ohrgehàngeformen durch U.v. Freeden 61 haben unsere Wissensbasis beziiglich der spâtmerowingisch/friihkarolingischen Schmuckformen erheblich erweitert. So konnte U.v. Freeden in ihrer Bearbeitung des merowingerzeitlichen Ohrschmucks der Alamannen zeigen, dass sich die meisten Formen des friihkarolingischen Trachtzubehörs im Ostalpenraum, mehr oder weniger direkt von den merowingerzeitlichen Vorlâufem ableiten lassen. Besonders deutlich wird das bei den zusammengesetzten Bommelohrringen, die bereits gegen Ende der merowingerzeitlichen Reihengràberfriedhofe, etwaab dem ausgehenden 7. Jh. auftreten. Friihe Stocke sind aus reinem Goldblech geformt, spàtere sind meist nur mehr aus vergoldetem Bronzeblech gearbeitet. Zu den frühen Gràbern mit dieser Schmuckform in österreich gehört das Frauengrab aus Innsbruck — Arzl. 62 Ein praktisch identes Paar liegt mit einer Scheibenfibel mit Pressblechauflage aus einem Grab des Grâberfeldes von Prasanky in Mâhren vor. 63