A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 17. (Veszprém, 1984)

Uzsoki András: I. András király sírja Tihanyban és a sírlap ikonográfiai vonatkozásai

war, das er sich, bei feierlichen Aufzügen, von einem Bischof vortragen zu lassen berechtigt war." (Abb. 4) In der ungarischen Fachliteratur beschäftigten sich Arnold Ipolyi, Flóris Romer und Imre Henszlmann mit der Grabplatte, wobei der letztere von ihnen die fachliche und richtige Feststellung von Eitelberger nicht übernahm, sondern behauptete, daß das auf der Grabplat­te befindliche Kreuz (Vortragekreuz) nicht das Würdezei­chen von. König Andreas ist, sondern einem altem Abt gehörte. Henszlmann lenkte mit dieser unbegründeten und falschen Mitteilung einen Teil der Forscher für ein Jahrhundert lang in eine falsche Richtung und beein­flußte die späteren Feststellungen. Das Ziel dieser Studie ist mit der Enthüllung der objektiven Forschungsge­schichte die Überprüfung der Authentizität des Kö­nigsgrabes und der Grabplatte von Tihany und weiter­hin die ikonographische Analyse und Erläuterung der Bedeutung des auf der Grabplatte befindlichen Vortra­gekreuzes. Die Abtei ließ die unter dem Altar der Abteikirche befindliche königliche Grabstätte, die Krypta (welche die frühere Literatur fälschlich als Unterkirche beschrie­ben hat), während der Renovierung des Klosters im Jahre 1889 mit guter Absicht, aber unsachgemäß „resta­urieren" (Abb. 6) und ausgraben. Über diese Arbeiten erschienen einsilbige und nicht eindeutige Berichter­stattungen. Diese berichten von einem aus Steinplatten zusammengesetzten Grab, in dem Skelettreste gefunden wurden, die man mit Andreas I. in Zusammenhang brachte. Über die gegenwärtig bekannte Grabplatte wird geschrieben, daß sie in der südlichen Wand der Krypta eingemauert ist. Diese Feststellungen tauchen in veränderlicher Auffassung in der späteren wis­senschaftlichen und Fremdenverkehrsliteratur auf. Die fachlichen, eindeutigen und richtigen Darstellungen von László Erdélyi (Abb. 7) und Rémig Békefi gewährlei­steten das Fortleben der Feststellung von Eitelberger. Im Jahre 1953 führten das Landesdenkmalamt und das Ungarische Nationalmuseum gleichzeitig die fach­gerechte architektonische Erforschung und Ausgrabung der Krypta sowie die Wiederherstellung ihres Innen­raumes entsprechend dem Zustand im XI. Jahrhundert durch. Die Arbeiten wurden von Géza Entz, József Cse­megi und Gyula László geleitet und von Emese Nagy und Ernő Szakái geführt. Während der Ausgrabungen wurden mehrere neuzeitliche Skelettgräber freigelegt und in dem im südlichen Nebenschiff befindlichen, in einen Geyseritkalksteinfelsen gehauenen Grab in einem mit Steinplatten zusammengesetzten und abgedeckten, sekundär verkleinerten „Sarg" Schädel- und Längs­knochenreste gefunden (Abb. 8). Nach den Feststellun­gen der Wissenschaftler wurden diese vermutlich wäh­rend der Ausgrabungsarbeiten im Jahre 1889 an diesen Platz gelegt. Das Grab und die darin gefundenen Kno­chen gehören zum König Andreas I. Nach der Ausgrabung wurde das Interesse sowohl in der Fachliteratur als auch in den Ausgaben des Frem­denverkehrs lebhafter, vor allem auch deshalb, weil der Fremdenverkehr von Tihany zusammen mit dem inter­nationalen Fremdenverkehr des Balaton von der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre an sprunghaft anstieg und internationale Maße annahm. Antal Kampis beschäftigte sich mit dem Grab und mit der Grabplatte, wobei er aber die letztere falsch bewertete. Die Identifizierung der Grabplatte und die ikonographische Bedeutung des auf ihr befindlichen Vortragekreuzes wird von István Gedai mit historischen und münzenkundlichen Argu­menten bestätigt, er bringt sie mit Andreas I. zusam­men und faßt die Kreuzdarstellung als königliches Würdezeichen auf. Die Auffassung von Eitelberger, Erdélyi, Békefi, Gedai usw. wurde von uns schon früher in der Nr. 16 dieser Ausgabe (1982) mit dem Titel „Das Grab Giselas, der ersten Königin Ungarns" mit archäo­logischen, ikonographischen und auf Vollständigkeit bedachten historischen Daten weiterentwickelt. In un­serer vorliegenden Studie fassen wir die Ergebnisse un­serer Forschungen zusammen. Das Grab wurde 1953 zusammen mit den Knochen­resten in das Mittelschiff der Krypta von Tihany— aller Wahrscheinlichkeit nach an seine ursprüngliche Stelle — zurückgestellt und mit der Grabplatte zuge­deckt. Die Grabplatte wurde aus feinkörnigem weißen Kalk­stein gefertigt und stellt eine sorgfältige Steinmetz­arbeit dar. Sie ist verwittert und an ihren Rändern stark abgebrochen. Ihre Daten sind — an den erhalte­nen Rändern gemessen — die folgenden: 191,5 cm lang, 52—53,5 cm breit. Ihre Stärke beträgt aufgrund der Fo­toaufnahmen der Ausgrabung von 1953 etwa 15 cm. Vor der Wiederherstellung war die Oberfläche der Grabplatte mit einer starken, mehrschichtigen Farb­schicht bedeckt, und deshalb konnte man die Darstel­lung des auf ihr befindlichen Vortragekreuzes nicht klar sehen (Abb. 9—11). Der Rand der länglichen recht­eckigen Grabplatte ist der gegenüber dem inneren Feld höhere Rahmen. Auf dem tiefer liegenden ebenen Innenfeld ist in dessen Längsachse ein Vortragekreuz mit spiralförmig gedrehtem Schaft plastisch herausge­meißelt. Seine Gesamtlänge beträgt 169,1 cm, ist also von Menschengröße. Der Kreuzteil des Vortragekreuzes ist von der From eines griechischen Kreuzes, dessen senkrechter Teil (43 cm) länger als der waagerechte Teil (33 cm) ist, beide sich aber symmetrisch schneiden. Die Kreuzteile verdicken sich zu ihren Enden hin. Zwischen dem Kreuz und dem Schaft befindet sich ein „Nodus" von der Form einer zusammengedrückte Kugel. Am oberen und unteren Ende des Schaftes ist je eine Tül­le ausgemeißelt, der Schaft selbst ist von spiralartig ged­rehter Form (Abb. 12—15). Die ikonographischen Analogien der Kreuzdarstel­lung von Tihany lassen sich von der Antike an auf allen Gebieten der Kunst auffinden. Die auf dem Schaft befindliche Kreuzform kann weder als lateinisches Kreuz (crux latina) noch als griechisches Kreuz (crux graeca) angesehen werden, da die Ikonographie die Kennzeichnung dieser Form noch schuldig ist. Dieser Kreuztyp wird von den Forschern nach individueller Auffassung in den Typ der lateinischen oder grie­chischen (byzantinischen) Kreuze eingereiht. Aus ar­beitsmethodischem Gesichtspunkt und zur Vermeidung von Mißverständnissen nennen wir es gedehntes grie­chisches Kreuz, crux graeca oblonge, und bringen da­mit zum Ausdruck, daß der senkrechte Teil des Kreu­zes, das Palum, länger als der waagerechte Teil, das Patibulum, ist, die beiden Teile sich aber in der Mitte — also symmetrisch — schneiden. Von ähnlicher Form wie das Kreuz von Tihany ist das in der Schatzkammer der römischen Kirche Sankt Peter befindliche Justinuskreuz (Crux Vaticana) aus dem VI. Jahrhundert. Seiner Form nach ist es zwar ein Kreuz lateinischen Typs, aber seine Form und seine Maße stehen denen des Kreuzes von Tihany sehr nahe, und irgendwann war dies auf einen Schaft aufgesteckt ebenfalls ein tragbares Majestätszeichen (Abb. 16/d). Ähnliche Formen wie in Tihany kann man auch unter den frühmittelalterlichen Goldblattkreuzen finden. Wir treffen den Typ des gedehnten Kreuzes auf einem Säulenkapitell des Presbyteriumteils der Kirche San Vi­tale in Ravenna oder auf den Mosaikbildern aus dem VI — VII. Jahrhundert in der Kirche der Gottesmutter in Kiti auf der Insel Zypern. Die vielleicht schönsten Parallelen zu den gedehnten griechischen Kreuzen hat die frühmittelalterliche Buchbinderei auf jenen Ein­banddeckeln aufbewahrt, in die liturgische und Evan­gelienbücher eingebunden sind. Das auf der Grabplatte von Tihany befindliche Vor­tragekreuz erfüllte die Rolle eines Würdezeichens. Dafür dient nicht nur das schon erwähnte Justinus­kreuz als Beispiel, sondern es verweist darauf auch das auf einen Schaft gesteckte Kreuz auf dem Siegel der 186

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