A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 10. (Veszprém, 1971)

Pákay Zsolt–Sági Károly: A szőlőművelés hatása a Balaton-környék életére és településére

Die Auswirkungen des Weinbaus auf Leben und Siedlungsverhältnisse des Volkes am Balaton Der Weinbau ist landschaftlich gesehen weit mehr als ein bloßer landwirtschaftlicher Kulturzweig. Dies schon aus dem Grunde, weil dieser Kulturan auch rechtliche, wirt­schaftliche, soziale und siedlungshistorische Auswirkungen zukommen, bzw. zugekommen waren. Das in Folgenden dargelegte Gesamtbild kennzeichnet nicht nur das Gebiet des Balaton, sondern auch auf das Genaueste die Entwicklung in anderen ähnlichen Gegenden des Landes. Diese Parallele ermöglicht es, bei eventuellem Fehlen örtlich bedingten Beweismaterials auf solches in ferner abgelegenen Gegenden zurückzugreifen. Neuere Forschungen haben den Nachweis erbracht, daß die landnehmenden ungarischen Stämme aus dem Osten auch den Wein- und Obstbau mit sich gebracht hatten. An anderer Stelle dieses Werkes konnten wir bereits beweisen, daß in der Gegend von Keszthely sich der Weinbau seit Römerzeiten bis zum heutigen Tag ungebrochen fortgepflanzt hat. Dies bedeutet, daß sich die Wurzeln der Traubenkultur im Seegebiet des Balaton teils auf die Herrschaft der Römer in Pannonién, teils aber auf das Erscheinen der ungarischen Stämme in diesen Gegenden zurückverfolgen lassen. Im späteren Verlauf bereicherte sich die ungarländische Trau­benkultur teils durch die Einwanderung aus dem Westen, teils durch Einwirkungen vom Balkan her. Aufzeichnungen aus der Zeit der Árpádén lassen erken­nen, daß die Traubenkultur sich nicht in allen Fällen auf die Abhänge des höher gelegenen Hügellandes verzogen hatte, sondern auch unmittelbar auf den sandigen Gebieten des Seeufers, aber auch in tiefer gelegenen Uferstreifen bet­rieben wurde. Diese Frage ist noch durchaus nicht geklärt. Möglich, daß sich die klimatischen Bedingungen damals wärmer, also günstiger gestaltet haben, möglich aber auch, daß dies die Folge des vor der Landnahme in der Umgebung der Behausungen am Seeufer betriebenen Weinbaus war. In der bunten Reihe der Dienstvölker des XI — XIII. Jahr­hunderts bildeten die mit der Rebenkultur und der Wein­pflege Beschäftigen eine besondere Kaste. Diese waren dinglich verpflichtet und wurden mit den Weinfeldern ge­kauft, verkauft und auch verschenkt. Die mit Weinbau be­schäftigten Dienstleute auf den Besitzungen des Königs und der Königin werden urkundlich „vinidatores" genannt. Der lateinische Name weist darauf hin, daß sie verpflichtet waren, nach der Flächengröße des Weinbaus eine gewisse Wein­menge als Servitut abzuliefern. Auch die „vinitores" oder „vinicultures" genannten Dienstleute auf den kirchlichen und weltlichen Grundherrschaften waren verpfllichtet, an ihre Herrschaft jähnlich eine bestimmte Weinmenge abzu­liefern. Die verfügbaren Aufzeichnungen lassen erkennen, daß es sich um eine mengenmäßig abweichende Abliefe­rungspflicht handelte. Keine Angaben stehen zur Verfügung, ob die Flächengröße des Anbaus gleichartig ist. Auch darüber gibt es keine Aufzeichnungen, ob die Dienstleute daran interessiert waren, die Anbaufläche zu vergrößern, da ja ihre Abgabepflicht im vorhinein festgesetzt war. Der Weinbau sichert einen größeren Ertrag als jeder an­derer Kulturzweig. Dies ist auch der Grund, weshalb die städtische Bürgerschaft bereits zur Zeit der Árpádén Inter­esse für geeignete Weinbauböden zeigte. Entweder fehlte es der Grundherrschaft an dem notwendigen Geld oder aber sie verschmähte es, sich mit Risken und Umständlichkeiten des Weinbaus abzugeben, so daß ihr das Interesse der Bür­gersleute sogar genehm war. Wo diese Bürgersleute die für den Weinbau geeigneten Bodenflächen aus welchem Grunde auch immer käuflich nicht an sich bringen konnten, dort wurde ein solcher Boden gepachtet. So z. B. gab 1289 Abt Tamás von Tihany die im Besitz der Abtei gewesenen und zum Weinbau geeigneten Böden in der Gemarkung von Urkut der Bürgerschaft von Esztergom in Pacht. Im XIV. Jahrhundert, zur Zeit, da sich der einheitliche Stand der Leibeigenen herausgebildet hatte, ergaben die mächtigen Waldgebiete die Möglichkeit, Rodungsflächen frei zu kultivieren. Das Eigentum an diesen Rodungsflächen blieb natürlich in der Hand der Grundherrschaft. Die von den Leibeigenen in den Weinbergen verrichtete Arbeit er­wies sich jedoch als unwirtschaftlich. Das Streben der Grundherrschaft, landwirtschaftlich nutzbaren Besitz außer­halb der Feldstücke ihrer Leibeigenen sich anzueignen, er­streckte sich nicht auf Weinbauflächen. Die Grundherrschaft hatte nichts einzuwenden, sie unterstützte sogar durch ver­schiedene Maßnahmen die Rodung der Wälder, den Wein­bau auf gerodeten Flächen sowie deren dauernde Bewirt­schaftung. An die Rodungsflächen knüpften sich zweiseitige Inter­essen, u. zw. jene des Besitzers und jene des Leibeigenen. Die Kategorie des Taglöhners bildete sich eben im Zu­sammenhang mit dem Weinbau heraus. Auf den Gehöften gab es kaum Weinkulturen. Die von den Leibeigenen bear­beiteten zensualen Weinkulturen sicherten der Grundherr­schaft eine bestimmte, wenn auch geringere Menge Wein. Von der sogenannten „Bergabgabe" erhielt die Grundherr­schaft seit 1351 den neunten Teil des tatsächlichen Wein­ertrags. Außer der Bergabgabe erhielt die Grundherrschaft auch Geschenke (munera), die gewöhnlich je Weinfläche ein Kapaun, ein Kücken und ein Eimer Hafer waren. Au­ßerdem mußte der Leibeigene auch an die Ortspfarrei ein Zehntel des Ertrags abliefern. Trotz alledem waren diese Servitutleistungen für den Leibeigenen nicht so ungünstig. Im Jahre 1848, also zur Zeit des revolutionären Umruchs, wurde die Frage der von den Leibeigenen bearbeiteten zen­sualen Weinfelder nicht geregelt. Erst im Jahre 1868 wurde dieser Besitz abgelöst. Im Jahre 1873 gab es in 50 Seeuferor­ten 7.937 Weinflächenbesitzer mit einem Gesamtbestand von 11.093 Katastraljoch, also 1,4 Joch je Besitzer. Dies bedeutet aber auch, daß fast jede Familie am Balaton im Besitz von Weinbauflächen war. Der Weinbau brachte da­mals pro Joch einen Jahresertrag von 26 Gulden. Aus den summierten Ernteergebnissen (siehe Tabellen I — III.) kann auf ähnliche Ertragsverhältnisse gefolgert werden. Dem Leibeigenen, der über die erforderlichen körperlichen Kräfte und die entsprechenden Erfahrungen auf dem Gebiet des Weinbaus verfügte, kamen die Rodungen und die Reben­kulturen auf den Rodungsflächen sehr zugute. Er konnte sich dort „fast als Edelmann" fühlen. Es stand ihm frei, einen solchen Besitz zu verkaufen, zu vererben oder in 110

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