A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 6. (Veszprém, 1967)
Sági Károly: Árpád-kori varázslás régészeti emlékei
Andenken der Zauberei während der Arpadenzeit In der Nähe von Keszthely, am Fuße des aus der archäologischen Literatur wohlbekannten Hügels Dobogó ist ein römischer Friedhof größerer Dimension freigelegt worden. Auf dem Gebiete des Friedhofes ist auch eine kleinere Ansiedlung aus der Arpadenzeit ans Licht gekommen (Bild 1). Auf dem Gebiete der Ansiedlung wurde auch ein 80 cm tiefes Loch mit einem Durchmesser von 40 cm (Bild 1, C) gefunden, in dem ein Ei und ein eiserner Nagel mit einem Geschirr gedeckt war. Der rot-bräunliche Topf (Bild 3) dürfte aus dem 12. oder 13. Jahrhundert sein. Unter dem Geschirr lag das Ei von einem Löffelreiher (Platea leucordia L.). Das Ei mag ungefähr 8 km weit von der Ansiedlung gelegen sein. Die Wasservögel wurden von der Bronzezeit an als Sonnensymbol betrachtet und das Ei eines solchen Vogels wurde bewußt bei Zaubereien verwendet. Der althergebrachten abergläubischen Vorstellung nach ist das Ei sowohl die Quelle des Lebens als auch das Symbol der Wiedergeburt und Auferstehung. Nach den auch noch heute wirksamen ethnographischen Angaben wird dem Ei eine Kraft zugeschrieben, die den Menschen vor den schädlichen Einwirkungen der Natur, wie Krankheit, Blitz und Feuer, schützt. So eine Rolle dürfte auch dem an dem Fundort Keszthely-Dobogó begrabenen Ei zugeschrieben werden. Gegen das Ei war, mit der Spitze nach oben, ein Eisennagel gelegt. Der Nagel (Bild 6) erinnert an die Sargnägel des Zeitalters. In Verknüpfung mit dem Nagel leben auch noch heute manche Aberglauben. Der Eisennagel galt im allgemeinen als ein Banner der bösen Geister und diese Wirkung soll im Falle des Sargnagels viel stärker gewesen sein. Das mit seiner Öffnung nach unten gekehrte Geschirr verhindert nach der abergläubischen Vorstellung das Strömen der geistigen Kraft und bindet sowohl das Gute als auch das Böse fest. Darauf gibt es zahlreiche Beispiele aus dem Altertum, der Römerzeit und der Zeit der Völkerwanderung ; aber parallele Fälle gibt es auch in den jüngsten geographischen Angaben. Um der Strömung der vom Ei vertretenen Kraft einen freien Weg zu sichern, wurde im Boden des Geschirrs ein Loch mit einem Durchmesser von 5 mm gebohrt. Eine passende Erklärung für diesen Brauch dürfte durch das „Seelenloch" der Bestattungsurnen des Altertums geliefert werden. Obwohl unser Volk zur Zeit der Zauberei schon eine ziemlich lange christliche Vergangenheit hatte, ist der Fortbestand der abergläubischen Bräuche des Heidentums doch verständlich. Der Aberglaube hat ein praktisches Ziel, er ist bestrebt die Herrschaft des Menschen den übernatürlichen Kräften gegenüber zu sichern. Die Religion bedeutet den übernatürlichen Kräften gegenüber nur Unterworfenheit, Gehorsamkeit und Anbetung. Das bei der Zauberei von Keszthely-Dobogókő gebrauchte Geschirr wurde an einer leichten Handscheibe angefertigt. In der Handscheibenplatte war das Negative des Bodenstempels eingemeißelt (Bilder 4 und 5). Auf dem Bodenstempel ist der positive Abdruck eines herausgebrochenen Splitters von der Scheibenplatte zu sehen. Aufgrund des Spaltes und des scharfen Abdruckes des Bodenstempels dürfte es angenommen werden, daß die Scheibenplatte aus Stieleiche (Quercus robur L.) gemacht wurde. Dieser Baum ist in unserer Gegend einheimisch. Um den Grundstoff des Geschirrs zu verdünnen wurden ihm kieselstücke beigemischt. Da unter ihnen auch Basaltsplitter vorkommen, sollte der Ort der Herstellung vielmehr in der Gegend von Sümeg als in der Umgebung von Keszthely gelegen sein. In der Gegend von Keszthely hat die Töpferkunst Überlieferungen aus der Arpadenzeit, die bis in unsere Tage hinein fortgesetzt worden sind. Des weiteren waren wir bestrebt die Analogien des Bodenstempels zusammenzusammeln. Wegen ihrer großen Menge konnte die Vollständigkeit nicht unser Bestreben werden. Der Bodenstempel stellt ein in einen Doppelkreis gefaßtes gleichschenkliges Kreuz dar mit je einem Punkt in den von den Schenkeln geformten Sektoren. Im inneren Kreisring ist eine dichtere, im äußeren eine dünnere Schattierung zu sehen. Aufgrund der zusammengebrachten Parallelen sieht man, daß dieses Vorbild vom Neolithikum an bis in unsere Tage hinein wirksam ist.Das lange Wirken des Motivs in verschiedenen Gebieten zeigt, daß ihm keine Rolle ethnischen Charakters zugeschrieben werden kann. Das gleichschenklige Kreuz oder dasselbe in einen Kreis gefaßt ist ein Sonnensymbol. Gleichfalls ist auch das Kreuz ein Sonnensymbol, der in dem durch die Schenkel eingeschlossenen Sektor einen Punkt hat. Die Sonnensymbole der Heiden wurden zu Christsymbolen der Christen. Da der Zusammenhang zwischenChristus und der Sonne durch zahlreiche biblische Stellen klargemacht wird, sollte die Übernahme des Symbols klargestellt sein. Die schützende und bannende Rolle des Kreuzes ist auch in den vom christlichen Einfluß nicht getroffenen Gebieten, unter den Naturvölkern und auch im Altertum bekannt. Das Kreuz besitzt in jeder seiner Verwendungen eine bannende Kraft für das Böse. Diese Rolle des Kreuzes ist natürlich ob es die Sonne oder die Person Christi symbolisiert. Obwohl die Bodenstempel unserer heimischen Keramik aus der Arpadenzeit verschiedene Bildtypen aufzeigen, können ihre althergebrachten Ursachen doch immer erwiesen werden. Diese Tatsache ist bei der Wertung von der Rolle der Bodenstempel sehr wichtig. Dabei ist es auch wichtig, daß all die althergebrachten heidnischen Sonnensymbole später Symbole Christi geworden sind. Die Rolle der auf den Geschirren verwendeten Bodenstempel war es den Inhalt des Geschirrs vor Beschädigung, d. h. vor Verderben zu schützen. In den jüngsten ethnographischen Parallelen kann diese Grundidee in noch mehr Fällen und an mehr Stellen nachgewiesen werden. Solche plastischen Zeichen auf den Geschirren, die nicht nur dem Inhalt und der Form nach sondern auch in ihrer technischen Lösung als Bodenstempel betrachtet werden können, erschienen erst auf der Keramik der nördlichen Alpen-Gegend während der späteren Eisenzeit. Solche Bodenstempel kommen auch in dem pannonischen, norischen und dalmatischen Material der römischen Kaiserzeit vor. Darstellungen die auch aufgrund ihrer technischen Lösung und ihres Bildtyps als Bodenstempel betrachtet werden können erscheinen bei uns wieder auf der Greif und Ranken tragenden Keramik der spät-awarischen Gruppe. Die spät-awarischen Bodenstempel können nicht als Fortsetzung eines örtlichen Vorbildes betrachtet werden, ihr Vorkommen kann nur durch den Einzug eines neuen Ethnikums erklärt werden. Vorbilder der Bodenstempel werden in der Kaukasus-Gegend, im Material der SaltovoiKultur gefunden. Das Erscheinen von Bodenstempeln im Karpathen-Becken dürfte seine Erklärung in dem Einzug von einzelnen ethnischen Elementen dieser Kultur haben. Die christlichen Verknüpfungen der Bodenstempel haben es ermöglicht, daß ihre Anwendung während der Jahrhunderte 10—13 zu einer allgemeinen Mode in Mittel-und Ost-Europa wurde. Károly Sági 86