A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 6. (Veszprém, 1967)
Tóth Sándor: XIII. századi építőműhely Veszprémben
Eine Bauhütte des 13. Jahrhunderts in Veszprém Eine kleine Gruppe von Werkstücken aus der spätromanischen Periode im Lapidarium des Museums von Veszprém lenkt die Aufmerksamkeit durch die vollkommene Übereinstimmung der Profilausbildung und Abmessungen auf sich. Die Steine sind — bis auf einen — in den letzten Jahren zum Vorschein gekommen. Unter ihnen sind vier Stücke am charakteristischsten: zwei Doppelkleeblattbogenstücke aus hellgrauem Kalkstein, je aus einem gemeinsamen Fuss emporwachsend, sowie zwei geformte Quadersteine aus rotem Sandstein, die den Zwischenraum der sich verästelnden Bogenstücke ausfüllen. Diesen schliessen sich drei weitere Steine an, wo die Eckprofilierung des Kleeblattbogens geradlinig erscheint, die Annahme rechtfertigend, dass sie zu dem den Bogen unterstützenden Vertikalglied gehörten. Die Steine gehörten zweifellos zu ein-, zwei- oder mehrfach gekuppelten Öffnungen, die an beiden Seiten von — dem Kleeblattförmigen Abschluss entsprechend gegliederten — Pfosten begrenzt, während die mittleren Teilungen durch Säulen geschaffen waren. Über dem Abschluss — mindestens an einer Seite der Mauer — zog sich eine polychrome Wandfläche entlang. Da die Eckprofilierung bei der Kämpferlinie sich nicht ändert, ist die Wahrscheinlichkeit einer mehrgliedrigen Arkadenreihe gering; die Möglichkeit eines geschlossenen Öffnungskomplexes, der ein-, zwei- oder höchstens dreifach geteilt war, liegt viel näher. Auf Grund der Prüfung von den Oberflächen, Abmessungen usw. der verschiedenen Bestandteile stellt es sich heraus, daß hinsichtlich der Öffnung auch andere, unbekannte Glieder in Betracht gezogen werden müssen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese aus der Wandfläche vorspringende Stützen waren, die das öffnungskomplex flankierten, und die mit der Wandflucht zusammenfallenden Flächen der mit Eckprofilierung versehenen Laibungssteine zum Teil verdeckten, während das freigelassene Stück ebenso breit war, wie die an den Doppelbogenstücken ausgearbeiteten ähnlichen Streifen. Neben der Eckprofilierung lief also ein Streifen von gleichmässiger Breite entlang; beide zusammen bildeten die unmittelbare Umrahmung der Öffnung. Das Vorkommen der vorspringenden Stützen gibt dazu Anlaß, eine gewisse Jocheinteilung vorauszusetzen. Die Ausgestaltung der Doppelbogenstücke lässt keinen Zweifel darüber, dass die Öffnungen niemals schließbar waren, und ihre unmittelbare Umrahmung nach innen und nach außen identisch war. Weitere Elemente der Rekonstruktion können nur hypothetisch bestimmt werden. Die polychrome Wandfläche über dem Abschluß läßt es vermuten, das die Öffnungen an einer Fassadenfront ausgestaltet wurden. Da die Abgrenzung solcher (polychromen) Wandflächen durch lauter Bogenlinien schwer vorstellbar ist, liegt die Annahme vor, die Flankierstützen der Fassade waren nicht durch Bögen verbunden, sondern reichten bis zum Gesims des Gebäudeteiles hinauf. Die Oberflächenbehandlung des Sockelstückes der Laibung läßt vermuten, mit den verspringenden Stützen sei sowohl innen als nach außen zu rechnen, was wiederum auf ein System mit äußeren Strebepfeilern und innerer Wölbung deutet. Mit Rücksicht auf die bekannten mittelalterlichen Raumtypen sind daher die Öffnungen in erster Reihe als Kuppelfenster eines Kreuzganges oder einer Vorhalle vorstellbar. Die verschiedene Profilführung und somit auch Auflegungsfläche der Doppelbogenstücke weist auf zweierlei — durch Doppelsäulen bzw. durch einen Kämpfer und eine einfache Säule verwirklichte •— Unterstützung. Die zweierleie Unterstützung innerhalb derselben Einheit ist nur im Falle von viergliedrigen Öffnungen vorstellbar (mittlere Teilung durch Doppelsäulen). In diesem Falle sollte den obenerwähnten Raumtypen gemäß mit einer ungewöhnlich grossen Jochausbreitung gerechnet werden, wonach es wahrscheinlicher erscheint, daß sich die zweierlei Lösungen der Unterstützung innerhalb mehrerer, sich aneinander reihenden zwei-oder dreigliedrigen Öffnungen rhytmisch abwechselten. Auf Grund der ausführlichen Prüfung der Provenienz der Werkstücke sollten die ehemaligen Fenster an der Kathedrale, oder an einem davon nördlich gelegenen Gebäude gewesen sein. Obwohl ein Fund von 1907 (ein rund bogiges Portal an der Wand des nördlichen Nebenschiffes der Kathedrale, dessen Profil nach der Beschreibung mit der Eckprofilierung der Kuppelfenster übereinstimmt) Anlaß geben könnte, uns die Offnungen in der Mauer des nördlichen Nebenschiffes vorzustellen, ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering. Ebensowenig kann man über die einstige Vorhalle der Kathedrale, die architektonisch vollkommen unbekannt ist, Sicheres behaupten. Nördlich von der Kathedrale sollte zunächst das gemeinsame Kapitelhaus in Betracht gezogen werden, das schon in den 1180er Jahren erwähnt wird und am Ende des 14. Jahrhunderts noch gebraucht wurde. Innerhalb dieses Gebiets wurde im Jahre 1957 die St. Georg-Kapelle freigelegt, in der nach dem Bericht von mehreren Urkunden aus dem 14—15. Jahrundert Kapitelversammlungen gehalten wurden. Im 18. Jahrundert baute man nördlich von der Kapelle das neue Seminargebäude auf, das vielleicht auch seiner Lage nach als eine Fortsetzung der schon im 13. Jahrhundert neben dem Kapitel fungierenden juristischen Hochschule betrachtet werden kann. Nach dem Zeugnis der letzteren Angaben sollte das in den Urkunden erwähnte Kapitelhaus wirklich auf diesem Gebiete gestanden sein. Die sekundäre Funktion der St. Georg-Kapelle weist eventuell darauf hin, daß das Kapitelhaus an einem Kapitelsaal gemangelt hatte, und so auch kein vollkommenes Klosterquadrat bildete. Für das mittelalterliche Bebautsein des Gebiets liefern übrigens die im Keller des ehemaligen Seminargebäudes befindlichen, sowie die auf der Grabungsfläche von 1957 zum Vorschein gekommenen, wenigstens zum Teil aus dem Mittelalter herrührenden Mauerreste, einen Beweis. 1965 wurde in der Mauer der einstigen Benediktinerkirche von Tihany ein Stein gefunden, dessen Gliederung und Abmessungen mit denen der Laibungssteine der Kuppelfenster von Veszprém völlig übereinstimmen. Daselbst wurden in den Mauern des Klostergebäudes Fragmente von Doppelsäulenbasen und einem dazu gehörigen Säulenschaft gefunden, deren Abmessungen genau der Auflegungsfläche eines Doppelbogenstückes von Veszprém entsprechen. Diese Funde zeugen davon, daß die Veszprémer Kuppelfenster —Werkstatt auch in Tihany tätig sein sollte, wo sie — wohl im Kreuzgange des Klosters —in vieler Hinsicht mit denen von Veszprém übereinstimmende Öffnungen anfertigte. Die Kenntnis der Basenfragmente von Tihany ermöglichte das Verstehen eines kleinen Fragments von Veszprém, das ebenfalls einer Doppelsäulenbase gleicher Dimension, und demnach sehr wahrscheinlich auch den rekonstruierten Kuppelfenstern von Veszprém zugehörte. Die Ränder des Eckblattes an diesem Fragment setzen sich in spiralförmig ausbiegenden, eingeritzten Linien fort, was auch bei den Basen der St. Georg-Kapelle ein charakteristisches Motiv ist. Daraus kann die unbezweifelbare Folgerung gezogen werden, daß die St. Georg-Kapelle und die Kuppelfenster Werke derselben Bauhütte sind. Die Bauhütte, die an mehreren kleineren Einheiten arbeitete, scheint im vorliegenden Zeitraum an einer ausgedehnteren lokalen Bautätigkeit teilgenommen haben. Die kunsgeschichtliche Stellung der Bauhütte hatte in Zusammenhang mit der St. Georg-Kapelle schon Katalin H. Gyürky festgelegt, ohne ihre lokale Bedeutung erkannt zu haben. Auf Grund der jüngst erworbenen Angaben kann ein weiterer Schritt getan werden. Hinsichtlich der ganzen Tätigkeit der Bauhütte kann die Datierung von 180