K. Palágyi Sylvia szerk.: Balácai Közlemények 1994/3. (Veszprém, 1994)
Vorträge - NUBER, HANS ULRICH: Villenforschung an der Universität Freiburg im Breisgau - BALLE, GEREON: Die römische Villa von Bietigheim „Weilerlen" Stadt Bietigheim-Bissingen, Kreis Ludwigsburg (D)
aus ihrer Lage inmitten hochwertiger Böden. Die Verarbeitung der entsprechenden Erzeugnisse ist zudem durch die beiden Darren von Gebäude IV konkret belegt. Darüber hinaus dürfte vor Ort auch Viehzucht betrieben worden sein. Darauf verweisen zum einen die ausgedehnten Einfriedungen, zum anderen das Vorhandensein von Weideflächen in unmittelbarer Nähe der Anlage. Die außerordentliche Größe der Wirtschaftsflächen und einiger Wirtschaftsbauten läßt auf eine hohe Leistungsfähigkeit der Anlage schließen, was sowohl die Herstellung, als auch die Verarbeitung und Lagerung landwirtschaftlicher Güter anbelangt. Die vor Ort nachgewiesenen handwerklichen Produktformen dürften dagegen vorrangig der Eigenvorsorgung gedient haben. Auffallend ist nun, daß der postuliert hohen Wirtschaftsleistung der Anlage kein vergleichbares Ausstattungsniveau im Falle der Wohntrakte gegenüber gestellt werden kann. Mit anderen Worten, das vor Ort erwirtschaftete Kapital kam allen Anschein nach nicht oder nur in sehr beschränktem Umfang dem Lebensstandard der hier lebenden Personen zu Gute. Nicht nur in diesem Punkt scheint sich die Anlage von Bietigheim „Weilerlen" vom regionalen Villenschema unterschieden zu haben. Zwar läßt sich ein Lebensstil römischer Prägung nachweisen, dieser verblieb jedoch auf einem relativ bescheidenen Niveau. Diese Beobachtung sowie das Fehlen eines repräsentativen Hauptgebäudes wirft die Frage nach der funktionalen wie rechtlichen Stellung der Anlage auf. Wer war ihr Eigentümer bzw. Besitzer, wer ihr Betreiber? Wohin floß das vor Ort erwirtschaftete Kapital? Welche Funktion kam der Anlage innerhalb der Wirtschaftskreisläufe in dieser grenznahen Region zu? Handelte es sich evtl. um eine von staatlicher Seite betriebene bzw. kontrollierte Einrichtung, die der Versorgung der nicht landwirtschaftlich tätigen Bevölkerungsteile gedient hat? 7 Läßt sie sich aufgrund ihrer verkehrsgeographisch günstigen Lage mit weiteren Funktionen öffentlicher Einrichtungen auf dem Lande in Verbindung bringen? Die archäologischen Ausgrabungen im Bereich der römischen Villa von Bietigheim „Weilerlen" haben unsere Kenntnisse um das Erscheinungsbild römischer Villen in der Region Mittlerer Neckar um eine weitere Facette bereichert. Bleibt zu hoffen, daß auch die bevorstehende Auswertung des archäologischen Quellenmaterials Licht in das Dunkel der angerissenen Problematik bringen kann. ANMERKUNGEN 1. Vgl. PLANCK, D.: Zivile römische Besiedlung. In: Historischer Atlas von Baden-Württemberg: Erläuterungen, Beiwort zur Karte HI. 4. Stuttgart 1980. SOMMER, C. S.: Die römischen Zivilsiedlungen in Baden-Württemberg. Ergebnisse und Probleme der Forschung. In: D. Planck (Hrsg.): Archäologie in Württemberg. Ergebnisse und Perspektiven archäologischer Forschungen von der Altsteinzeit bis zur Neuzeit. Stuttgart 1988. 296. 2. STORK, I.: Die große römische Gutshof anläge von Großsachsenheim, Stadt Sachsenheim, Kreis Ludwigsburg. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1982, 1983. 127.; SPITZING, T.: Die römische Villa von Lauffen a.N. (Kr. Heilbronn). Materialh. Vor- und Frühgesch. Baden-Württemberg 12. Stuttgart 1988.; KLEIN, M.: Von der Ausgrabung zur Grünanlage - Neue Untersuchungen im römischen Gutshof von Ludwigsburg-Hoheneck. Denkmalpfl. Baden-Württemberg 23. 1.1994. 30. 3. Vorberichte: STORK, L: Eine große römische Gutshofanlage in Bietigheim-Bissingen, Kreis Ludwigsburg. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1986, 1987. 165.; STORK, I.: Fortsetzung der Untersuchungen in der großen römischen Gutshofanlage „Weilerlen" in Bietigheim, Stadt Bietigheim-Bissingen, Kreis Ludwigsburg. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 1987, 1988. 146.; STORK, I.: Der große römische Gutsbetrieb von Bietigheim „Weilerlen", Stadt Bietigheim-Bissingen, Kreis Ludwigsburg. Arch. Ausgr. 1988, 1989. 174. 4. Unmittelbar parallel zur nördlichen Umfassungsmauer verläuft eine Straße, die die kürzeste und bequemste Landverbindung zwischen dem Enztal im Westen und dem Neckartal im Osten darstellt. 5. Die Wasserversorgung der Anlage erfolgte, wie Deuchelringfunde belegen, durch abgeleitetes Quellwasser. 6. BALLE, G.: Frühalamannische Siedlungsfunde im Bereich der römischen Anlage von Bietigheim „Weilerlen" (Stadt Bietigheim-Bissingen, Ldkr. Ludwigsburg) (ungedr. Magisterarbeit Freiburg 1994). 7. Zu denken wäre hier in erster Linie an die in den Limeskastellen stationierten Truppen.