Savaria - A Vas Megyei Múzeumok értesítője 3. (Szombathely, 1965)
Gerhard Schrot: Die historische Stellung der Glebae Adscriptio des Kaisers Constantin vom Jahre 332 U.Z.
Bewertung der Kolonen als Vorläufer der mittelalterlichen Leibeigenen hatte F. ENGELS der Forschung einen starken Auftrieb gegeben. Er orientierte damit auf den Gedanken, dass sich schon im Schosse der alten sich überlebenden Sklavenhalterordnung Keime neuen, der feudalen Gesellschaft entwickelt haben müssten, bevor diese neue Ordnung gesiegt hatte. In der althistorischen Wissenschaft des beginnenden 20. Jahrhunderts ist dieser Gedanke nirgends aufgegriffen worden. Erst die marxistische Altgeschichtswissenchaft in der jungen Sowjetunion wandte sich diesen Fragen zu, um die komplizierte Periodisierung der Geschichte beim Übergang vom Altertum zum Mittelalter zu untersuchen. Allerdings haben einige Bemerkungen Stalins über die sog. Revolution der Sklaven und Kolonen 5 die weitere Forschung auf diesem Gebiet bis zum gewissen Grade gehemmt. Denn im Mittelpunkt der Diskussion blieben die „Keime des Neuen innerhalb der alten Ordnung" — und das, obwohl schon F. Engels 6 diese als sekundär ansah; er hatte immer die „Zersetzung des Alten in der Sklavenhalterordnung" als den Hauptinhalt in der Endphase des Altertums betrachtet: „Die absterbende Sklaverei war immer noch hinreichend, alle produktive Arbeit als Sklaventätigkeit erscheinen zu lassen ... Hier war die ausweglose Sackgasse, in der die römische Welt stak: die Sklaverei war ökonomisch unmöglich, die Arbeit der Freien war moralihcs geächtet. Die eine konnte nicht mehr, die andere noch nicht Grundform der gesellschaftlichen Produktion sein. Was hier allein helfen konnte, war nur eine vollständige Revolution". Trotz dieser Bemerkungen von F. ENGELS war in der marxistischen Altgeschichtsfosrchung nach 1945 der Einfluss Stalins mehr oder weniger stark spürbar 7 , wie es einzelne Beiträge in der Zeitschrift Вестник древней истории zeigen. Gleichzeitig wurde in ersten Aufsätzen sowjetischer Historiker 8 wie auch in diesbezüglichen Einschätzungen progressiver bürgerlicher Rechtshistoriker und Altertumswissenschaftler 9 die Ansicht vertreten, bei den Kolonen handle es sich nicht um eine frühe Form mittelalterlicher bezw. feudaler Abhängigkeit unter den Bedingungen der niedergehenden römischen Sklavenhaltergesellschaft. Die entscheidende Wendung in der Erforschung des Übergangs vom Altertum zum Mittelalter kam nun von der sowjetischen Mediävistik mit einem grundlegenden, umfangreichen Werk von A. I. NEUSSYCHIN, das der Ausgangspunkt für neue Erkenntnisse sein kann 10 . Dort, wo der Autor die Entstehung des Feudalismus behandelt, kann er den Nachweis führen, dass es im späten römischen Reich keine feudalen Elemente gegeben hat, dass vielmehr der Feudalisierungsprozess erst begann, als auf römischen Territorium neue Staaten entstanden waren. Er sagt: 5 J. W. Stalin, Fragen des Leninismus, Berlin 1950, S. 498 u. 524. 6 F. Engels, Der Ursprung der Familie. . ., Berlin 1949, S. 149. 7 u. a. nenne ich: А. B. Ranowitsch,Der Kolonat in der römischen Gesetzgebung des 2—5. Jahrhunderts, VDI 1/1951 ; A. G. Bokschtschanin, Zum Problem des Verfalls der antiken Sklavenhalterformation, VDI 1/1952; E. M. Schtajerman, ders. Titel, VDI 2/1953; А. P. Kashdan, Über die Entstehung feudaler Verhältnisse im Römischen Reich, VDI 3/1953; S. W. Udalzowa, Die abhängige Landbevölkerung Italiens im 6. Jh., VDI 3/1955. - Über dies bisweilen stark differenzierten Ansichten dieser Autoren gibt W. Seyfarth, Soziale Fragen der spätrömischen Kaiserzeit ... Berlin 1963, S. 11 - 54, einen referierenden Bericht. Auch die „Weltgeschichte", Bd. III red. N. A. Sidorowa, Berlin 1963, S. 73 hält an der alten Auffassung fest, die Kolonen seien die „Vorläufer der späteren Leibeigenen des Mittelalters" und der „Kolonat lediglich der Keim der neuen Produktionsweise" gewesen. 8 z. B. A. R. Korsunski, Über die Lage der Sklaven, Freigelassenen und Kolonen in den westlichen Provinzen des Römischen Reiches im 4. u. 5. Jh., VDI 2/1954. 9 Ich verweise auf: С Pharr, The Theodosian Code, Princeton 1952, S. 576: S. Mazzarino, Trattato di storia Romana, Roma 1956, S. 438 sagt: „In compenso èpeggiorata la condozione dei coloni, divenuti di dirittor о di fatto servi terae. ..", auch S. 538 f. 10 Das 1956 in Motskau erschienene Werk liegt jezt in deutscher Sprache vor: A. I. Neussychin, Die Entstehung der abhängigen Bauernschaft als Klasse der frühfeudalen Gesellschaft in Westeuropa vom 6-8. Jh. u. Z., Berlin 1961, 600 S., Zitta S. 35. 86