Vadas Ferenc (szerk.): A Szekszárdi Béri Balogh Ádám Múzeum Évkönyve 13. (Szekszárd, 1986)

Nándor Kalicz: Über das spätneolothische Siedlungswesen in Ungarn

Trotz der oben erwähnten Unterschiede können wir im Siedlungswesen der Lengyel- und Theiß- (und Vinca-) Kultur auch überraschende Ähnlichkeiten ent­decken. Sie sind vor allem im östlichen Verbreitungsgebiet der Lengyel-Kultur zu finden. Als Erstes können wir den Größenunterschied zwischen einzelnen Siedlun­gen erwähnen. Dieser Unterschied zwischen sehr kleinen (unter 1 ha) und sehr großen (über 20 ha) Siedlungsarealen steht im östlichen Verbreitungsgebiet der Lengyel-Kultur im auffallenden Kontrast zueinander. Die großen Siedlungen (ca 20-25 ha) könnten eine Siedlungskonzentration ähnlich wie die der großen Teil ­bzw. tellartigen Siedlungen der Theiß-Kultur repräsentieren. Man könnte also an­nehmen, daß hier auch ähnliche günstige Bedingungen, ähnliche wirtschaftliche und soziale Verhältnisse existiert haben. In anderen Gebieten der Lengyel-Kultur ist der Größenunterschied zwischen den Siedlungsarealen nicht so ausgeprägt. Eine andere Beziehung besteht in der Bestattungsweise. Im ganzen östlichen, ca 60-80 km breiten Siedlungstreifen ist typisch, daß sich Gräbergruppen zwar in­nerhalb des Siedlungsareals, aber von der bebauten Fläche getrennt befinden. Dies finden wir auch, wie schon ausgeführt, bei den Siedlungen der Theiß- und ei­nigen Siedlungen der Vinca-Kultur. Diese Erscheinung war mit einem ständigen Wandel innerhalb des Erscheinungsbildes der Siedlung verbunden. In Aszód z. B. kann man dreifache Überschneidungen von Gräbern, Häusern und Gruben fest­stellen (KALICZ 1969, 180). Ähnlichkeiten im Hausbau kann man in einem kleinen Teil des östlichen Verbeitungsgebeit der Lengyel-Kultur (in der Ost-Gruppe) beobachten. In Aszód wurden die Reste kleinerer „Einzelfamilienhäus::" vom Teil-Typ mit lehmver­puzten Wänden gefunden. Abweichend von den Tellsiedlungen standen sie hier aber in einem größeren Abstand voneinander (30-35 m: KALICZ 1969, 180; 1975-76, 57). Die erwähnten Ähnlichkeiten werden noch verstärkt durch Verwandschaft oder Beziehungen in der materiellen und geistigen Kultur. Unter Anderem wurde in Aszód - im nordöstlichen Verbreitungsgebiet der Lengyel-Kultur - eine große Menge an Keramik von Theiß-Charakter gefunden (KALICZ 1969, 187, 192; 1975-76, 54; KALICZ und KALICZ-SCHREIBER 1983-84, 312). Damit stellt sich folgende Frage: Wie kann man erklären, daß im östlichen Verbreitungsgebiet der Lengyel-Kultur viele kulturelle Komponenten engere Be­ziehungen zur Theiß-Kultur als zu anderen Regionen der Lengyel-Kultur aufwei­sen, wenn diese zwei Kulturen durch einem breiten Steifen unbesiedeltes Gebiet getrennt waren (Donau-Theiß Zwischenstromgebiet)? Zusammenfassend können wir feststellen, daß sich das Siedlugswesen nicht nur innerhalb des Spätneolithikums, sondern auch innerhalb einer Kultur stark unterscheidet. Zwar erscheinen Anfange gesellschaftlicher Differenzierungen und Siedlungskonzentrationen schon im Laufe des Spätneolithikums, aber man kann daraus nicht auf ähnliche hierarchische Verhältnisse wie in Mesopotamien schlie­ßen. Die ungarischen Teils des Spätneolithikums als Höhepunkte der neolitischen Siedlungsentwicklung kann man nur als gut funktionierende wirtschaftliche und soziale Einheiten (Dörfer), nicht als politisch bestimmte Zentralorte betrachten. Die großen einschichtigen Siedlungen können als ähnliche Einheiten (Dörfer) an­gesehen werden. Die ungarischen spätneolitischen Teils können also keineswegs als Stufe der protourbanen Entwicklung interpretiert werden. Wir finden in Un­134

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