A Nyíregyházi Jósa András Múzeum évkönyve 41. - 1999 (Nyíregyháza, 1999)

Képző- és iparművészet - Emőke Szalay: Historismus und Sezession an den reformierten Altarweinkannen der Karpatoukraine

Szalay Emőke Historismus und Sezession an den reformierten Altarweinkannen der Karpatoukraine Die reformierten Kirchengemeinden der Karpato­ukraine (heute zur Republik Ukraine gehörend) sind Mitglieder der Superintendantur der Reformierten Kirche der Karpatoukraine. Diese Dörfer gehörten vor dem Vertrag von Trianon, der den Ersten Weltkrieg beendete, zu den Komitaten Bereg, Máramaros, Ugocsa und Ung des historischen Ungarn. Da der reformierte Glaube im Karpatenbecken eng an Ungarn gebunden ist, blieben diese Dörfer bis heute ungarischer Nationalität. Im Zeitraum 1995-1998 haben wir mit Unter­stützung des Rates der reformierten Sammlungen und des Fachkollegiums Kunstgewerbe des Nationalen Kulturfonds das gegenständliche Nachlaßmaterial der reformierten Gemeinden aufgenommen. Bei unseren Forschungen stellten wir fest, daß fast alle Gemeinden neben vielen Gegenständen aus dem 17. Jahrhundert noch Altardecken, Kelche, eventuell Kannen von der Wende des 19./20. Jahrhundert aufbewahren. Die Jahrhundertwende war in der Kunst die Epoche des Historismus. In diesem Zeitraum nahm die beschleunigte kapitalistische Entwicklung auch auf die Entwicklung der gegenständlichen Kultur, z.B. des Kunstgewerbes, Einfluß. Den gestiegenen Bedarf deckten neben Erzeugnissen des niedergehenden Gewerbes auch Industrieprodukte, was jedoch lediglich ein quantitatives Wachstum bedeutete. In Ungarn veranschaulichte die Milleniumsausstellung den Historismus des Kunstgewerbes am besten, obwohl um die Jahrhundertwende auch bei uns der neue Sezessionsstil erschien. Den stärksten Veränderungen unterlag der Bereich des Goldschmiede-bzw. gesamten Metallhandwerks. Hier wurde das Vordringen der industriellen gegenüber der handwerklichen Produktion, die sich durch Abschaffung des Zunftsystems in einer vorüber­gehenden Krise befand, am deutlichsten sichtbar. Der vorliegenden Beitrag behandelt die Ergebnisse der Analyse von 38 in 100 reformierten Kirchen­gemeinden der Karpatoukraine zu findenden Altar­weinkannen, d.h. die Merkmale des Historismus und Sezessionismus im östlichsten Teil von Ungarn. Als erstes stellt die Verfasserin historisierende Gefäße vor, worunter das früheste die Merkmale des Neoklassizismus trägt. Es folgen die den Einfluß des Neorokoko widerspiegelnden Stücke, darunter mehrere in antikisierendem, Neorokoko- bzw. Neorenaissance­stil. Anfang des 20. Jahrhunderts erscheinen die von der Gotik beeinflußten Gegenstände. Die einheitlichste Gruppe bilden die Gefäße im Sezessionsstil, die dessen Form- und Dekormerkmale getreu widerspiegeln. Die in den Gemeinden vorgefundenen Gefäße bekräftigen die Feststellungen der Forscher, wonach Gegenstände mit solchen Formkennzeichen - obwohl es hypothetische Versuche gab, Gefäße und Gegen­stände neuen Typs zu entwerfen - nur selten ausgesprochen zu sakralen Zwecken entstanden. Wie diese Gefäße zeigen, war hier um die Jahrhundert­wende der alte Brauch der reformierten Kirche noch lebendig, als zeremonielle Gefäße - da seitens der Kirche weder ihr Form, noch ihr Material vorgeschrie­ben wurden - alltägliche Gebrauchsgegenstände zu verwenden, die man der Kirche geschenkt hatte. Bemerkenswert ist gleichzeitig, selbst wenn sich kein Stück mit ernsthaftem kunstgewerblichem Wert darunter befindet, die geschmackvolle, alle Über­treibungen des Historismus und Sezessionismus vermeidende Ausfuhrung der vorgestellten Gefäße, was vom Geschmack der Besteller bzw. schenkenden Personen zeugt. Aufmerksamkeit verdient ferner die Tatsache, daß der Sezessionsstil in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts auch im östlichsten Teil Ungarns erschien und anerkannt wurde. Das wiederum beweist, daß sich dieser entlegene Teil des Landes keineswegs in Verzug befand, wenn es um das Kennenlernen und die Rezeption von etwas neuem ging. Übersetzt von Gotlind B. Thurmann Emőke P. SZALAY Déri-Museum Debrecen H-4001,Pf.61. 414

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