A Nyíregyházi Jósa András Múzeum évkönyve 12-14. - 1969-1971 (Nyíregyháza, 1972)

Csallány Géza: Die übernatürlichen Wesen der schwäbischen Glaubenswelt im Dorfe Vállaj

Am Abend kehrt sie meist zur andern Tochter ins kleine Haus zurück, um dann morgens wieder alles von vorne zu beginnen. Am Sonntag ist sie frei. Vormittag geht sie in die Kirche, sie singt noch immer im Chor. Sie besucht machinal auch den Friedhof: den Mann und die Tochter, den Platz, wo auch sie ruhen wird. Sonntag Nachmittag ist Besuchszeit. Manche suchen sie auf, besonders alte Frauen. Sonderbare Besprechungen sind dies. Man hört mehr über die Vergangen­heit, als davon, was sie gekocht haben oder welche Neuigkeiten es im Dorfe gibt. Diese Themen sind nur zweitrangig. Die Frauen sprechen und sie hört zu. Nur dann sagt sie etwas, wenn sie Mehlspeise oder Wein anbietet und natürlich dann, wenn sie erzählen „muß". Meistens fließt das Gespräch nur schwäbisch, aber stark gemischt mit unga­rischen Ausdrücken. Nur die Lieder erklingen in reinem Schwäbisch und unverän­dert, vielleicht ebenso wie vor zweihundert -Jahren. Im Herbst 1964 war sie bei den Verwandten in Rumänien, in ihrem Geburtsort. Nur einige von ihnen leben noch, und auch diese — wie sie sagte — sprechen ent­weder ungarisch oder rumänisch. Die Muttersprache, das „Schwäbische" haben sie längst vergessen. 2. Frau Ilona (Helen) Ceglédi (früher Zipper), die ,Ilonka néni'wurde in Merk geboren. Sie ist 60 vorüber, arbeitet aber noch immer in der LPG. Frau Ceglédi wohnt in einem Hause mit dem Sohn und dessen Familie, aber in getrenntem Haus­halt, hinterm Park im ,weli i5 . Als ich mich im Dorfe nach einem guten Erzähler erkundigte, hat man mir gleich Frau Ceglédi empfohlen. Wie man sagt, kennt sie die meisten Märchen in Vállaj. Frau Dudler hat mich ihr vorgestellt, aber weiter konnte ich nicht kommen. Man hat mich beim Hause mit einer feinen, aber deutlichen Zurückhaltung emp­fangen, meine Tonband-Pläne erschienen mir gänzlich hoffnungslos. Nur ganz langsam begann das Gespräch. Zuerst über die Enkel. Ich erfuhr, daß sie hier drei habe; die zwei ,bua' (Hüben) besuchen schon die Schule, lernen gut, die Enkelin kennt auch schon die Buchstaben, ist aber erst viereinhalb Jahre alt. Sie sind die Lieblinge der Großmutter. Die Kinder waren sehr freundlich. Es stellte sich heraus, daß sie schon viele Lieder singen können, und sogar auch Märchen kennen. Da war ich schon am hal­ben Weg zu meinem Ziel. Ich fragte den älteren, ob er das Märchen von „Hans! und Gretl" kenne. P]r hat es gekannt und hat es mir auch erzählt. Die Großmutter wollte ihn zwar davon abreden, er möge stillsein, den ,bácsi' (Onkel) interessiere es sowieso nicht, aber ich habe ihn trotzdem darum gebeten. Später erzählten wir das Märchen schon gemeinsam und die Großmutter hörte mit wachsendem Interesse zu, und war sehr erstaunt, als ich auch mit einer Geistergeschichte herausrückte. Sie konnte es ja nicht wissen, daß ich diese Geschichte einige Stunden früher von der Dudler-Groß­tnutter gehört habe. Das F^nde der Geschichte habe ich aber mit Absicht verändert. Das Kind bemerkte nichts davon und ihm war es völlig neu, aber die Großmutter hat mich verbessert, und ihre Augen strahlten vor Freude, weil sie es besser wußte. Als sie aber auch erfuhr, daß ich etwas schwäbisch verstehe, erzählte sie mir einige Geschichten. Tonbandaufnahme war natürlich ausgeschlossen. Nur nach mehrmaligen Besuchen erreichte ich mein Ziel. ,veli' nennt man den Teil der Felder, der hinter dem Dorf liegt, an der rumänischen Grenze. Das Wort wird klein, mit einem ungarischen v ( = w) geschrieben. 166

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