A Nyíregyházi Jósa András Múzeum évkönyve 8-9. - 1965-1966 (Nyíregyháza, 1967)
D. Csallány: Die awarische Stammesordnung
Wie man auf slawischem Sprachgebiet für die Awaren den Volksnamen „Obri", „Riese", „riesig" benützte, so nannten im Karpatenbecken die türkischen Stämme in ihrer eigenen Sprache die ugrisch-sprachigen Awaren — die als Ausschwärmer zwischen den Türken wohnten — : „Kér" = „riesengroß", „Riese", „(Tier)-König". Die Stammesnamen Kér und Várkun, die eigene Benennung der Awaren, kommen auf dem Siedlungsgebiet der östlich der Theiß lebenden Awaren nicht vor, nur in den Stammesnamen der Ausschwärmer auf benachbarten Gebieten. Demnach waren sie also weber Slawen, Awaroslawen, noch Türken. Die im byzantinischen Bericht erwähnten sogenannten „türkischen" Stämme bewahrten uns die Stammesorganisation des awarischen Reiches. Diese Stämme kamen nicht im Jahre 896 mit den Türken, sondern 568 mit der awarischen Landnahme herein. Die Türken bedeuteten — durch die Dynastie der Arpaden — im Karpatenbecken nur eine neue zusammenfassende und führende Kraft. Die Landnahme im Jahre 896 brachte keine finnisch-ugrischen Stämme mit sich, sondern nur türkische und iranische Völker, Völkerreste, das heißt Vorkämpfer. Der neue Staatsorganismus baute sich weiterhin auf die Stammesordnung des awarischen Reiches auf. Alle Stammesortsnamen hängen mit zahlreichem awarischen Denkmalmaterial zusammen, man findet aber hier keine landnahmezeitliche (X. Jh.) „türkische" archäologische Hinterlassenschaft. Das landnahmezeitliche archäologische Fundmaterial, etwa 300 an Zahl, konzentriert sich in den nördlichen Gebieten des Karpatenbeckens, in Transdanubien kommt es nur in minimaler Zahl vor. Die sich an die Türken anschließenden Kabaren sind keine Türken, sondern ein in einem türkisch namengebenden Bericht vorkommendes Volk: Kéb-er % Geber (= Géb-Volk), das mit den zweisprachigen Gépiden, den Untertanen der Awaren identisch ist. Sie lehrten die Türken im Karpatenbecken auch die ugrische Sprache der Xasaren (= Awaren östlich der Theiß), und gebrauchen auch noch jetzt (950!) dies Sprache, beherrschen aber auch die andere Sprache der Türken. Mit der Umwertung des Berichtes von Konstantinos bekommen wir eine Klärung über das Weiterleben des awarischen und gepidischen Volkes im Karpatenbecken um 950 und über seine sprachlichen Umstände. Die sich im Jahre 568 hier angesiedelten finnisch-ugrischen Awaren (Pseudoawaren, „Várkunnen") gingen nicht zugrunde, sind nicht verslawt, wurden keine Awaroslawen, sondern bewahrten bis heute ihre Sprache, ihre Stammessiedlungsgebiete unter dem Namen Megyer «s Magyar. Nur die türkischen und iranischen Völker und Völkerteile der Landnahme wurden im Jahre 896 sprachlich finnisch-ugrisch. Die Probleme der Völker der zweiten Landnahme soll man von der ersten Landnahme getrennt lösen. D.. Csallány 56