Somogyi Múzeumok Közleményei 3. (1978)
Képzőművészet - Síj Béla: Gulácsy Lajos művei a Somogyi Képtár gyűjteményében I. (Az álomkép című ceruzarajz)
460 SZÍJ BÉLA DIE WERKE VON LAJOS GULÁCSY IN DER SAMMLUNG DER SOMOGYER GALERIE I. DIE BLEISTIFTZEICHNUNG MIT DER ANSCHRIFT „EIN TRAUMBILD" Die gefärbte Zeichnung mit der Anschrift „Ein Traumbild" ist in der Gulácsy-Literatur noch nicht vorgekommen. Beinahe ist es bestimmt, dass sie in Florenz im Jahre 1903 verfertigt wurde. Sie erhellt, dass Gulácsy seine Wege einsam begangen hat, seine malerische Sehnsüchte und die ästhetischen Ansprüche der zeitgenössischen Gesellschaft sind voneinander sehr entfernt gewesen. Inspirierende Quellen fand er in erster Reihe nicht in der einheimischen Umwelt, sondern auf dem an historischen Denkmälern und Naturschönheiten reichen Boden von Italien. Innerhalb der italienischen Denkmäler — am Beginn seiner Laufbahn — bedeutete besonders die Kunst der Meister der Spät-Quattrocento, vorwiegend die des Botticelli's ein grosses Erlebnis für ihn. Auch dieses Verhältnis zeigt, dass er die Erinnerungen an die Vergangenheit heraufbeschwören und umdichten wollte. Das Umdichten geschah aber immerhin solcher Form, dass es die Zeichen des nach der Jahrhundertwende sich entfaltenden modernen Lebensgefühl an sich trug. Er suchte nicht die mit den historischen Tatsachen und Daten nachweisbare Vergangheit sondern die halbwegs aus der Realität, halb aus Legenden, Sagen, „Erinnerungen" ausgestaltete Vergangenheit, im deren Laufe die Grenzen der Zeit und des Raumes sich auflösten, die schöpferische Phantasie sich freier emporschwingen konnte, und eine Art subjektivisierte Geschichtsauffassung sich herausbildete. Diesem schöpferischen Benehmen entsprach — meiner Meinung nach - sehr gut die Welt der Werke von Botticelli, in der gleichfalls eine Art subjektivisierte Geschichtsauffassung eine Bildform bekommen hat. Die von Botticelli erworbene Kenntnisse vertieften noch mehr die in Gulácsy auch schon ursprünglich gewesene Nostalgie nach der Vergangenheit. Wegen der Botticelli-artigen Züge auf der jetzt besprochenen Zeitung mit der Anschrift „Ein Traumbild" und auf den anderen Werken von Gulácsy befindlichen Züge mussten wir die formelle und inhaltliche Bedeutung mehrerer Werke von Botticelli untersuchen, solcher Werke, von denen wir voraussetzen, dass sie mit inspirierender Kraft auf Gulácsy wirkten. Aus der neueren ungarischen Fachliteratur leistete die Studie von Miklós Boskovits über Botticelli — erschienen im Jahre 1963 — eine grosse Hilfe zu unserer Arbeit. Auf der Zeichnung mit der Anschrift „Ein Traumbild" ist eine schlanke Frauenfigur mit schönem Körper zu sehen, sie gab mir die Gelegenheit um über Gulácsy's figurelle Darstellungen und innerhalb deren über seine Frauengestalten ausführlicher das Wort zu ergreifen. Zwischen den gefärbten Zeichnungen der Somogyer Galerie (wie auch zwischen den Werken Gulácsy's in den verschiedenen öffentlichen und Privatsammlungen) gibt es auch Frauendarstellungen anderen Charakters. Zum Beispiel gibt es ein kraftvoller, untersetzter, sinnlicher Typ, jedoch haben die früheren Würdiger von Gulácsy lieber die ätherischen Gestalten mit beinahe schwebendem Gang ergriffen. In der Somogyer Galerie ist ein ölporträt von Dante ausser den gefärbten Zeichnungen. Gulácsy zeigte schon am Anfang seiner Laufbahn eine grosse Verehrung dem Dichterfürsten gegenüber. Ausser dem öibildnis verfertigte er das Porträt des Dichters auch aus Lehm, und mehrmals verewigte das Dante- und Beatrice-Motiv, wie auch Francesco da Rimini und Paolo Malatesta gehörten zu seinen Lieblingsmotiven. Vermutlich hatten auch die Dante-Illustrationen Botticelli's einen geistanregenden Eindruck auf ihn. Auf dem Spur der Verehrung Dante gegenüber und nach den auf dem „Traumbild" befindlichen Botticelli-artigen Zügen kann man die Frage stellen, ob die Spuren der platonischen Liebelehre (auch der durch Dante vertretene Liebelehre) auf den Zeichnungen der Somogyer Galerie aufzufinden wären. In den Werken Gulácsy's ist die Spur der Inspiration der englischen Prerafaeliten-Meister, zum Beispiel D. G. Rosetti's am Anfang seiner Laufbahn zu finden. In der Schöpfung Rosetti's können wir die sicheren Zeichen des von der platonischen Liebelehre beeinflussten schöpferischen Benehmens auffinden. Wir hoffen eine Antwort auf die aufgestellte Frage dadurch zu geben, dass wir auch die anderen Werke Gulácsy's in der Somogyer Galerie aus inhaltlicher und formeller Hinsicht prüfen, und in der nachfolgenden Publikation der Erfolg unserer Forschung bekanntmachen werden. ß. Szí;
