Maróti Éva: Die römischen Steindenkmäler von Szentendre - Ulcisia Castra (Austellungskataloge 4. Pest Megyei Múzeumok Igazgatósága, Szentendre, 2003)
DIE RÖMISCHEN STEINDENKMÄLER VON SZENTENDRE - ULCISIA CASTRA Das Römische Reich breitete unter der Regierung von Kaiser Augustus im 1. Jahrhundert n. Chr. seine Grenzen auf das Gebiet des heutigen Transdanubiens aus, wo er unter dem Namen Pannónia provincia eine neue Provinz organisierte. Die natürliche Grenze von Pannonién - und gleichzeitig des Reiches - war die Donau, deren Schutz die am Verlauf der Grenze liegende Aufmarschstraße, die sogenannte Limes-Straße und die durch die Straße miteinander verbundenen Lager, Wachtürme und Brückenstellungen sicherten. Auf dem Gebiet der Provinz Pannonia-Inferior waren zwei Legionen stationiert: in Brigetio die legio I. Adiutrix ( 1. Hilfslegion) , in Aquincum die legio II. Adiutrix. An den Grenzabschnitten zwischen den Legionslagern bauten Hilfstruppen kleinere Lager aus, die zu Beginn aus Erde und Holz hergestellt wurden, die sogenannten Plankenlager. Diese wurden später aus Stein aufgebaut und mehrfach modernisiert. Das Steinlager von Szentendre — Ulcisia Castra wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. unter der Herrschaft der Kaiser Traianus und Hadrianus gebaut. Nach den Zerstörungen des Markomannenkrieges wurde es neu aufgebaut - damals wurde die Wache des Lagers von dem aus den östlichen Gebieten des Reiches eingezogenen cohors milliaria nova Surorum (einem neuen Regiment der Syrer) gestellt. Von der Instandhaltung der Limes-Straße haben wir auch Daten: im 3. Jahrhundert n. Chr. ließen die Kaiser Maximinus und Gordianus neben der erneuerten Straße Meilensteine aufstellen, auf denen die Entfernung von Aquincum, der Hauptstadt der Provinz angegeben wurde (Kat. 31). Neben den Meilensteinen kann ebenfalls in die Gruppe der amtlichen Schriften die zu Ehren des Besuches Kaisers Septimius Severus 195 n. Chr. in Pannonién aufgestellte Inschrift (Kat. 27) und die sein Heil errichtete Basis (Kat. 41) eingeordnet werden. Im Verlauf des Neuaufbaues des Lagers wurden auch die nahe gelegenen Grabsteinfragmente der im 1. und 2. Jahrhundert benutzten Gräberfelder in die Mauern mit eingebaut (z.B. Kat. 17, 22, 25-26, 34). Später, im 3.-4. Jahrhundert wurden auch die Grabmale des Gräberfeldes der früheren Siedlung benutzt (z.B. Kat. 2-8, 1 1-16, 18-21, 24, 28-29,35-38, 43, 45-46, 48, 50-53). Auf den Grabsteinen des 1.-2. Jahrhunderts blieben die Namen und Portraits der einheimischen keltischen (Erawisken) Bewohner erhalten. Auf den Abbildungen der einheimischen Frauen können wir die örtliche Tracht und die Schmuckmode sehen, die Männer kleideten sich schon häufig (wie es die Darstellungen bezeugen) nach der römischen Mode (Kat. 3,5-7, 14, 16). Auf den Grabsteinen erscheinen auf ihre Glaubenswelt hinweisende Szenen mit Pferd und Wagen, die die Reise des Verstorbenen ins Jenseits symbolisieren (Kat. 5, 14 und 38). Die durch Diener und Dienerin dargereichten Totenopfer weisen auf die römische Glaubenswelt hin (Kat. 14, 21, 38, 48 und 50). Man kann auch die "Mode"-Veränderungen der Grabsteine verfolgen: neben den Portraits erscheinen auch die mit Kränzen verzierten Grabsteine (Kat. 9, 17, 18 und 19). Während die Grabsteine der Erawisker wahrscheinlich die Produkte einer örtlichen Steinmetzwerkstatt waren (Kat. 5 und 7), könnten die Grabsteine mit Kranz schon in einer Werkstatt von Aquincum hergestellt worden sein (Kat. 18, 19, 47 und 52).