Kisné Cseh Julianna (szerk.): Tatabányai Múzeum 2015-2016 - Tatabányai Múzeum Évkönyve 4. (Tatabánya, 2016)
Prohászka Péter: Egy gemmalenyomat Brigeitoból
Egy gemmalenyomat Brigetioból/Komárom-Szőnyből 47 Ein Gemmenabdruck aus Brigetio/Komárom-Szőny Prohászka, Péter Auf dem Gebiet von Brigetio (heute Komä- rom-Szőny, Komitat Komárom-Esztergom) kamen sowohl bei archäologischen Ausgrabungen als auch bei landwirtschaftlichen Arbeiten wichtige Funde zum Vorschein. Die Denkmäler der antiken Glyptik mit verschiedenen Formen und Verzierungen sind Teil dieses reichen Materials. Nach Carnuntum kennt man gerade aus Brigetio und seiner Umgebung die meisten Gemmen und Kameen in Pannonien. Neben dem Tataer Apotheker János Marossy und dem k. u. k. Major Otto Voetter meldete die Familie Tussla, die in Ószőny ihre Grundbesitze innehatte, die zum Vorschein gekommenen neuen archäologischen Funde aus Brigetio. Die Familie Tussla schenkte sowie verkaufte die antiken Gegenstände dem Ungarischen Nationalmuseum. Sie hatten aber auch eine schöne Sammlung. Die Tussla-Gründe befanden sich östlich von Ószőny zwischen der Landstrasse und der Donau und lagen auf der nördlichen Hälfte des Legionslagers, sowie auf dem Gebiet der Militärstadt bis Perjés-Füzítő, wo bei den regelmässigen landwirtschaftlichen Arbeiten römische Münzen und archäologische Funde in grösser Zahl gefunden wurden. Tivadar Tussla - das Familienoberhaupt - schickte Photos, Beschreibungen oder Wachsabdrücke über die interessantesten Funde an József Hampel, Leiter der Münz- und Antikensammlung des Ungarischen Nationalmuseums, und erkundigte sich nach ihrer Bestimmung und dem Preis. Auf einem seiner Briefe (vom 25. November 1882) befinden sich mehrere Wachsabdrücke mit Angaben über die Objekte. Neben den zwei Abdrücken einer Gemme befindet sich noch eine Abdruck einer árpádenzeitlichen Münze. Die Gemme gelangte aber weder durch Schenkung, noch durch Kauf in eine ungarische oder ausländische Sammlung. Wahrscheinlich verschwand sie, wie die anderen archäologischen Funde, die die Tuss- la-Sammlung bereicherten, nach dem Tod der Witwe von Tivadar Tussla. Nach dem Wachsabdruck war die ovale Gemme 11 mm lang und 8 mm breit. Der Schnitt des Steins erinnert sie an eine solche Trapezform, deren Seiten sich geschwungen hervorheben. Das Material der Gemme könnte nach der Beschreibung vielleicht Kalzedon sein. Auf seiner Oberfläche wurde die Darstellung eines Ziege melkenden Hirten eingraviert. Links der Hirte, kurzgewandet, hinten hängt eine Chlamys herab, kniet auf dem rechten Bein und melkt eine vor ihm nach rechts stehende Ziege, die ihren Kopf zurückwendet. Vor der Ziege steht ein mit undeutlichen Linien dargestellter Baum, dessen Linien den Bogen der Gemme folgen. Beide Figuren stehen auf einer schrägen Grundlinie. Die Gemme ist eine anspruchsvolle Arbeit mit proportionaler Darstellung, die Gestalten sind tiefer eingraviert, aber die Partien wurden weniger ausgearbeitet. Die eingravierte Darstellung eines Ziege melkenden Hirten gehört zu den bukkolischen Genres und erscheint schon in der archaischer bzw. klassischer Zeit bei den Griechen auf Gemmen. Das Motiv war in der römischen Kunst ebenfalls beliebt und wurde sowohl in der Kleinkunst, als auch in der kaiserlichen Propaganda verwendet. Es war lange Zeit beliebt, obwohl in mancher Epochen häufiger vorkommt. So wird zum Beispiel bei den Gemmenwerkstätten von Aquilea im 1. Jahrhundert n. Chr. eine „Werkstatt der Hirten” angenommen. Die Gemme von Brigetio wurde aber erst später im 2/3. Jahrhundert nach Chr. graviert. Sie wurde entweder in einer grossen Werkstatt oder von einem wandernden Graveur verfertigt. Die Gemme, eingefasst in einem Fingerring, diente als Siegel für seinen Besitzer. Einige Bleisiegei mit fast gleichen Darstellungen wurden in Komárom-Szőny gefunden, die diese Annahme bestätigen. Leider gelangte dieses Denkmal der römischen Glyptik weder im 19. noch im 20. Jahrhundert in eine öffentliche Sammlung. Ihr Schicksal könnte ähnlich dem grössten Teil der Tussla - Sammlung sein, der nach dem Tod der Witwe von Tivadar Tussla verschwand. Zum Glück blieb der Brief des Ószőnyer Grundbesitzers mit dem Abdruck der Gemme erhalten und Dank diesem können wir die Reihe der gravierten Steine von Brigetio mit einem neuen Stück bereichern.