Balassa Iván – Kaposvári Gyula – Selmeczi László szerk.: Szolnok Megyei Múzeumi Évkönyv (1973)

Mándoky István: A kun miatyánk

DAS KUMANISCHE VATERUNSER Von den, um die Mitte des 13. Jahrhunderts nach Ungarn geflüchteten Rumänen sind sehr wenige Sprachdenk­mäler erhalten geblieben. Darunter nur einige zusammen­hängende Texte, von denen ein Teil sogar unbeglaubigte, wahrscheinlich apokryphe Fälschungen ist. Die Mehrzahl der authentischen Texte, so z. B. die kumanischen Kin­derreime und Sprüche sind in derart entstellter Form be­kannt, dass ihre Lösung bis heute nicht möglich war. Von allen kumanischen Texten, einschliesslich aller anderen kumanischen Sprachandenken Ungarns ist zwei­fellos das des kumanische Vaterunser das bedeutendste Sprachdenkmal. In Rumänien ist es noch heute allenthal­ben bekannt, besonders bei der älteren Generation, doch auch die Jugendlichen haben es von den Eltern und Grosseltern gelernt. Der Verfasser führt mehrere Ab­schriften seit den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts vor; in älteren Quellen ist es aber noch nicht gefunden worden. Zahlreiche Varianten des kumanischen Vaterunsers sind erhalten geblieben. In vorliegender Arbeit finden wir die verschiedenen Versuche zu deren Lösung. Die lange Reihe der Versuche hat Gyula Mészáros abgeschlossen, er wollte 1914 den ganzen Text lösen. Seit dieser Zeit be­fassten sich die Forscher nur mit einzelnen Teilen des Vaterunsers, doch einige Wissenschaftler lehnten das kumanische Vaterunser als Sprachdenkmal ab. Verfasser untersuchte das kumanische Vaterunser nicht nur von Satz zu Satz, sondern Wort für Wort, und in einigen Fällen rief er sogar die Beweiskraft der einzelnen Lautformen zur Hilfe. So gelang es ihm zu beweisen, dass es bis in alle Details wirklich ein kumanisches Sprach­denkmal ist. Leider sind die Texte in sehr entstellter Form überliefert, doch zur Zeit der Aufzeichnung war das Rumänische keine lebende Sprache mehr. Das vor dem endgültigen Verschwinden bewahrte kumanische Sprach­denkmal wurde vermutlich durch eine bis zwei Generatio­nen sehr entstellt und so ist die aufgezeichnete Form geblieben. Vielleicht beherrschte aber der Aufzeichner die kumanische Sprache überhaupt nicht, und in diesem Fall können wir diese Aufzeichnung als eine bedeutende Leistung betrachten. In Renntnis der Bedeutung des Textes und aufgrund der aus Ungarn und anderswoher stammenden kumani­schen Sprachdenkmäler sowie mit Hilfe der heutigen ku­manischen-kiptschakischen Mundarten können wir die ori­ginalen kumanischen Lautformen rekonstruieren. Phone­tisch wird der Text durch die kumanischen Personen­und geographischen Namen aus Ungarn, die kumanischen Lehnwörter aus der ungarischen Sprache sowie durch die Analyse der kumanischen Dialektwörter belegt. Die ein­gehende Analyse des Textes zeigt deutlich, dass das kuma­nische Vaterunser mit Hungarismen durchsetzt ist und sogar ein ungarisches Lehnwort enthält. Das alles bezeugt, dass die Übersetzung nur aus Ungarn stammen kann. Den Zeitpunkt der Übersetzung können wir aller Wahrschein­lichkeit nach in die Periode nach der Reformation verle­gen, da sie die Variante des Evangelium Matthäi (6:9 —13) enthält. Aufgrund der obigen Ausführungen kann auch der Gedanke auftauchen, dass das Vaterunser nicht von einem Rumänen, sondern einem ungarischen Prediger übersetzt wurde. Damit wären die stellenweise groben Übersetzungsfehler zu erklären. 124

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