Nyakas Miklós szerk.: Hajdúsági Múzeum Évkönyve 6. (Hajdúböszörmény, 1987)

TÖRTÉNELEM — GESCHICHTE - Auszüge aus der Strafgerichtsbarkeit der Hajdústádte und des Amtsbezirkes Hajdú

Sándor Nagy AUSZÜGE AUS DER STRAFGERICHTSBARKEIT DER HAJDÜSTÄDTE UND DES AMTSBEZIRKES HAJDÚ /. Die verfahrensrechtliche Praxis der Stadträte von der Ansiedlung der Heiducken bis zum Entzug des Jus gladii (1606—1757) In seinen Privilegbriefen zur Ansiedelung der Heiducken vom Jahre 1605 und 1606 erliess István Bocskai keine Verfügungen in Bezug auf die Verwaltungs- und Strafgerichtsordnung der Hajdustädte. Die ersten Massnahmen wurden dan einer kleineren Landesversammlung in Kaschau und dann aufgrund eines Dokumentes des Königs Matthias II. vom Jahre 1613, welches zur Be­kräftigung der Privilegien der Heiducken zustandegekommen war, im Jahre 1613 vom Hauptkapitän der Stadt Kaschau Zsigmond Forgách herausgegeben. In seiner Verordnung kam es zur Regelung grundlegender Fragen des Selbstverwaltungskorpus der Hajdustädte und im Rahmen dessen auch zur Regelung der Strafgerichtsbarkeit, jedoch ohne dass er zur Abwicklung dieses Verfahrens nähere Hinweise gegeben hätte. Mit der Gerichtsbarkeit wurden die an der Spitze der Stadträte stehenden Kapitäne und die ihnen beigeordneten 12 Geschworenen betraut und sie wurden mit dem Jus gladii bekleidet, was bedeutete, dass sie auch die Todesstrafe erteilen durften. Im 17. Jahrhundert konnte in das ungarische Recht nur anhand handschriftlicher Gesetzes­sammlungen sowie anhand des von István Werbőczy 1517 zuerst im Druck herausgegebenen Tri­partitum Einsicht genommen werden. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass diese juristischen Schrif­ten in den Jahren nach der Ansiedelung in die Hajdustädte gelangten. Daher wendeten sich die in der Gerichtsbarkeit recht unbewanderten Ratsleute an die Stadträte von Debrecen, das in der städtischen Entwicklung doch schon auf höherer Ebene stand und dessen Stadträte in der Abwicklung von Prozessangelegenheiten (bürgerlicher oder strafrechtlicher Art) schon über eine grosse Praxis verfügten. Zur Strafgerichtsbarkeit der Hajdustädte im 17. Jahrhundert stehen uns heute nur wenig Anga­ben zur Verfügung, da ein Grossteil der Protokolle infolge der Türkenkämpfe vernichtet wurde. Das uns erhalten gebliebene älteste Protokoll wurde von 1629 in Szoboszló geführt, doch die Ein­tragungen gegen Ende des Jahrhunderts sind schon recht spärlich. Aus den verfügbaren Angaben kann jedoch die Feststellung getroffen werden, dass ein Strafverfahren mit der Festnahme des Ver­dächtigten seinen Anfang nahm, dann wurden die Zeugen, später der Verdächtigte von zwei Ver­tretern der Stadt verhört und dann sprach der Rat als Gemeingericht das Urteil. In dieser Zeit waren die schriftlich niedergelegten Urteilsprüche sehr kurz, sie enthielten lediglich die Bezeichnung der begangenen Tat und die verordnete Strafe. Von Beginn des 18. Jahrhunderts an kamen auch der Anwalt und der Verteidiger im Verfahren zu Worte. Von nun an wurden die Ermittlungsangaben sorgfältiger erwogen, und wenn es für notwendig erachtet wurde, kam es vor dem Urteilsspruch zu weiteren Ermittlungen. Von den 1740er Jahren an wurden schwerwiegendere Straftaten (Diebstahl, Hehlerei, Tot­schlag usw.) gemäss der Praxis bezüglich der sog. schriftlichen Prozesse gehandhabt. Das bedeutete, dass im Anschluss an die Ermittlungen vor dem das Urteil ausführenden Rat eine Verhandlung zur Prozessaufnahme geführt wurde, dann folgte der prozessliche Wortwechsel zwischen Anwalt und Verteidiger, der im Prozessptotokoll aufgezeichnet werden musste. Im allgemeinen wurden je drei Wortwechsel eingetragen, was oftmals lange Monate Zeit in Anspruch nahm. Daraufhin wurden der Angeklagte und die Zeugen vor Gericht gestellt und wenn notwendig, erneut verhört. Nach einer Beratung wurde das Urteil verkündet, dessen Wortlaut ebenfalls in das Prozessprotokoll aufge­nommen wurde. Nach Verkündigung des Urteils legten der Angeklagte und sein Verteidiger sowie der Anwalt sofort Berufung ein. 109

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