A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 2002-2003 (Debrecen, 2003)

Irodalomtörténet - Várhelyi Ilona: Geistige Zusammenhänge: Begegnungen Kossuths und Petőfis in Debrecen

Wegen seiner regelwidrigen Uniformierung rügte ihn der Viceminister aber streng und meldete Petőfis unehrenhaftes Verhalten Kossuth. Auch Petőfi wendete sich mit seiner Kränkung an Kos­suth. In seinem mit dem 13. Jänner datierten Brief verweist er auf den Vorfall und bittet ihn um seine Versetzung zu General Bem. Kossuth entnahm wahrscheinlich dem hitzigen Brief Petőfis Seelenzustand und empfing - obwohl er dem persönlichen Konflikt des Viceministers und des Dichters nicht viel Aufmerksamkeit schenkte - Petőfi am 16. Jänner 1849 im Rathaus und geneh­migte seine Versetzung zu General Bem. Einen Monat später - schon als Kriegsberichterstatter und Bote Berns - gerät er in einen ähnlichen Konflikt mit Lázár Mészáros. Diesen Fall nennt die Fachliteratur Halsbinden-Affäre. Lázár Mészáros vermisste nämlich den steifen Offizierskragen und die Kravatte, worauf Petőfi heftig reagierte. Im Streit war auch von Petőfis Rücktritt oder Suspendierung die Rede. Petőfi ertrug solche Demütigungen nur schlecht und trat am nächsten Tag, am 17. Februar mit ange­spanntem Selbstbewusstsein von seinem Offiziersrang zurück und las dem Offizierkorps in sei­nem Brief ordentlich die Leviten. Lázár Mészáros gab den Brief an die Redaktion des Anzeigers weiter und dort erschien er auch am 18. Februar. Daraufhin schrieb Petőfi sein Epigramm „Halsbinde", das am 20. Februar von einem Blatt mit dem Titel „15. März" veröffentlicht wurde. Insgeheim hoffte Petőfi, dass Kossuth wieder zu seinen Gunsten für Gerechtigkeit sorgen würde, das geschah aber nicht. Kossuth verfolgte die Entwicklungen zwar mit Aufmerksamkeit, doch war die Lage von Land und Freiheitskampf zu ernst, um sich mit persönlichen Konflikten zu beschäftigen. General Bern dagegen beförderte Petőfi zum Major. Für die Ernennung bat er um die Zu­stimmung der Regierung und den dieses Ansuchen enthaltenden Brief schickte Petőfi an Kossuth, der den Kriegsminister sehr kurz angebunden anwies. Erst im Verlauf seines Gesprächs mit dem provisorischen Minister György Klapka begann er zu verstehen, dass man in der Regierung fälschlicherweise glaubte, dass die ziemlich belastende Meinungsäußerung gegen General Károly Vécsey, die er noch im April im Rahmen der Kriegsberichterstattung aus Lugos vom 23. April im Auftrag Berns ins Ungarische übersetzt hatte, von ihm geschrieben und eigenmächtig veröffent­licht worden sei. Der Klapka-Konflikt hatte noch weitere schwere Folgen, in die Kossuth nicht mehr eingriff. 3. Wir könnten kein vollständiges Bild von Kossuths und Petőfis Debrecener Beziehung geben, wenn wir nicht wahrnehmen würden, dass in der Verbindung der beiden mehr Verwandt­schaft der Anschauungen, mehr revolutionäres Feuer stecken als in der Verbindung der Regierung und ihrer Minister. Ihre gegenseitige Hochschätzung erkennt man in diesen flüchtigen Debrecener Begegnungen ebenso wie in Kossuths späteren Äußerungen. Nicht so sehr in den früheren Ereignissen ihres Lebens, sondern viel mehr in der Sendungsbegabung der beiden Männer erkennen in ihnen einander die geistigen Vorfahren. 320

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