A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1985 (Debrecen, 1986)
Irodalomtörténet, művelődéstörténet - Bényei Miklós: Die Bildungsverhältnisse zu Beginn der Reformzeit
Schauspielwesen durch Truppen von Wanderschauspielern vertreten war. Es gab kaum ein original ungarisches Drama. In der Musikkunst hatte die Verbunkos-Musik ihre Glanzzeit, obgleich der Hauptadel und die Stadtbürger sich zu der europäischen und deutschen Musik hingezogen fühlten. Unter den Bildungszweigen war es die Belletristik, die sich am ehesten auf die bürgerlich-nationalen Aufgaben vorbereitete. Sie wurde zum Hauptvertreter des nationalen Geistes, und es vermehrten sich auch die Anzeichen der Verbürgerlichung (neue Kunstgattungen, Berufsschriftsteller usw.). Das Ideal der Nationalliteratur bildete sich heraus und der Gedanke der Volkstümlichkeit gewann an Raum. Der Klassizismus lebte zwar weiter fort, doch auf diese Zeit darf auch die Ouvertüre der ungarischen Romantik datiert werden. Die Möglichkeiten des Buchverlags waren beschränkt. Die meisten Druckereien waren nur winzig, und die Mehrheit der Ausgaben waren privilegisierte Kunst. Die Zahl periodischer Presseerzeugnisse nahm zu. Doch das Lesepublikum beschränkte sich auf einen engen Kreis. Es war allgemein, Bücher und Blätter im Abonnement zu vertreiben. Einen Buchhandel gab es kaum. Der franziskanische Absolutismus übte eine strenge Kontrolle über das geistige Leben aus und war darauf bedacht, den Einströmen fortschrittlicher Ideen Halt zu gebieten. Das Hauptmittel zur kulturellen Isolierung und Kontrolle war die Zensur (die Revision und die präventive Untersuchung), die sich auch auf die Presseerzeugnisse und die Theatervorstellungen ausdehnte. Noch mehr Schaden wurde dadurch ausgelöst, dass die Wiener Regierung ein Verbot zum Besuch ausländischer Universitäten erliess. Im Vergleich zu den europäischen Ländern nahm Ungarn im Bildungsbereich im Mittelfeld Platz. Verglichen mit den früheren Abschnitten der Entwicklung stellte dies einen entschiedenen Fortschritt dar. Der Zustand der heimischen Kultur entsprach aber nicht den Ansprüchen der Verbürgerlichung; eine osteuropäische Struktur des Feudalismus charakterisierte die Bildungsverhältnisse. Dazu trug auch bei, dass die Lenkung der geistigen Kultur in Händen der österreichischen Herrscher lag. Ein noch wichtigerer Grund hierfür war die Zurückgebliebenheit der wirtschaftlichgesellschaftlichen Verhältnisse. Dies erkannten auch die Besten unter den damaligen Politikern und Denkern. Deshalb hatte die Zielsetzung der nationalen Bildung auch die Absicht, sich materiell wie geistig zu erheben, zum Inhalt. Das heisst, auch die Hebung des Bildungsniveaus wurde zum organischen Teil des politisch-gesellschaftlichen und nationalen Programmes. 457