A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1979 (Debrecen, 1981)

Irodalomtörténet, művelődéstörténet - Kilián István: Ein ungarisches Schuldrama frei nach Moli?re im 18. Jahrhundert

István Kilián EIN UNGARISCHES SCHULDRAMA FREI NACH MOLIERE IM 18. JAHRHUNDERT In der vorliegenden Arbeit trägt der Varfasser den Text einer Komödie vor, die am 4. Februar 1774 in der Minoritenschule des Dörfchens Kanta in der Nähe der transsylvanischen Ortschaft Kézdivásárhely aufgeführt wurde. Als einleitende Studie macht der Verfasser mit der Literatur und ihren Quellen für das Schulthea­ter bei den Minoritenschulen bekannt. Das Theaterspiel der Minoriten von Kézdivásárhely und Kanta wird durch drei Dramenkolligate (Parentum nimius amor, Exercitia scholastica, Liber scho­larum), zwei Dramenhefte und mehrere, in der História Domus aufgefundene Angaben dokumen­tiert. Aufgrund dieser Daten kann mit Sicherheit festgestellt werden, daß es in Kézdivásárhely vom Beginn des 18. Jahrhunderts an ständig Theatervorstellungen gegeben hat. Die Komödie, von der an dieser Stelle die Rede ist, stellt in der chronologischen Reihenfolge der ungarischen Moliére-Rezeption das zweite Stück der, dessen Text uns auch erhalten geblieben ist. Die Handlung dieser Posse ist eng verbunden mit der Thematik einiger in anderen Jahren vor­getragener Possen des Kantaschen Dramenertrags. Eindeutig ist die thematische Ähnlichkeit unter den Kézdivásárhelyer-Kantaschen Possen Der alte Geizkragen Naso Kintsches, Prókátor Stolander und die vier Meister, die Diät halten sowie Naso Kintsches möchte sich hervortun zu erkennen. In der Reihe der Handlungen steht vielleicht das erste Stück am weitesten abseits. Die Thematik der hier vorgestellten sowie der beiden letzteren Komödien ergibt sich eine aus der anderen. Natürlich ist auch die eine ohne die andere zu verstehen und jede bleibt für sich ein selbständiges Stück, dennoch ist die thematische Verknüpfung offensichtlich. Sicher bleibt jedoch, daß — wie Moliére in seinem Geizhals — auch die Verfasser der genannten Komödien aus Kézdivásárhely den typischen unga­rischen Geizhals, den Dummen, den Kleinadel, den nach Schätzen, Wissen und Rang lechzenden hochgekommenen Krautjunker lächerlich machen wollten. Beispiele für die ungarische Rezeption des Moliéreschen Bourgeois Gentilhomme sind die fol­genden Komödien: 1. 1747 wurde in Eperjes Der Bürger als Edelmann aufgeführt. Dieser Text ist uns nicht erhalten geblieben. 2. Die Narretei des hochmütigen und mit seinem Schicksal nicht zufriedenen Menschen. Autoren unbekannt, aufgeführt in Eger 1769 in der Jesuitenschule. 3. Der hier vorgestellte Stolander von Ambrus Miklósi. Aufgeführt in Kézdivásárhely-Kanta am 6. Februar 1774. 4. Antal Gubernáth: Der hochmütige Demeter Ordas (1780) Aus dem hier vorgestellten Stück knüpfen sich nur einige Szenen an Molieres Bourgeois Gen­tilhomme an. Stolander erkauft sich, um auch zu den Vornehmen gehören zu können, einen Titel, der ihn eher lächerlich macht. Moliéres Jourdain wird von dem Diener Coville mit einer Schein­zeremonie zu einem türkischen Würdenträger erhoben. In dieser Szene spricht der Diener das gleiche, die türkische Sprache nachahmende Kauderwelsch wie der Syntapsius aus der hier vorgestellten Posse. Der Philosophieleherer bringt Jourdain die richtige Artikulation bei; in der Kantaschen Ko­mödie lehrt der Schwindler Blictrius Stolander, der einst die Schule verfehlte, die lateinische Gram­matik, wobei er in erster Linie darauf achtet, daß sein dummer Schüler die Laute richtig artikuliert. Anstand und Benehmen lernt Jourdain bei einem Tanzlehrer. Hier eignet er sich auch an, wie man den Grafen „sich ihm hüpfend mit drei Komplimenten nähernd" grüßen muß. In der Posse von Miklósi lehrt Portius den dümmlichen Dromulus eine neuartige dreifache Ehrerbietung. Über diese Moliéreschen Reminiszenzen hinaus besteht der Wert dieser Komödie auch darin, daß ihr Kompilator die wohlbekannte Handlung in einer typisch ungarischen Umbegung ansiedelte. Und mit diesem Thema gab er auch schon in seinem Stil einen Vorgeschmack auf den Scheinpathos, wie er später in Csokonais „Dorotthya." auftaucht und in Petőfis „Der Hammer des Ortes" litera­rischen Rang erreicht. 463

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