A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1977 (Debrecen, 1978)

Természettudomány - Ötvös János: Geobotanische Studien aus der Flora der Hochkarpaten

Dicranum-Arten; Flechten auf Felsen : Rhizocarpon-, Gyrophora-, Parmelia-Arten, im Flachland: Epigaecta lichenosa, Thamnolia-, Stereocaulon-Arten). Auch von den Hochkaprpaten wurde fest­gestellt (Lawrenko-Sotschewa), daß hier zwar auch die mit der Tundra gemeinen Arten vorkommen, daß aber von einer Tundra (auch in Gebirgsrelation) nicht gesprochen werden kann, weil es die genannten Moos- und Flechtenarten nicht gibt. Angesichts der wenigen gemeinsamen Arten könnte man allenfalls sagen, daß die Lebensweise der unter den unwirtlichen Bedingungen der Schneeberge wachsenden Pflanzen (kurze Vegetationszeit, Anpassung an Schnee und Frost) mit der der Tundra­Flora vergleichbar ist, daß aber aufgrund der wenigen gemeinsamen Pflanzen lediglich von relik­tenartigen Überresten gesprochen werden kann. In den Alpen liegt die Zahl der alpinen Pflanzen um 420. Davon konnte ich in den Schneebergen der Karpaten 239 Arten sammeln, die ein gemeinsames Element mit der Alpenflora darstellen. Die Bezeichnung „eualpin" ist also keineswegs zufällig, sondern möchte vielmehr auf einen großen Zusammenhang hinweisen, in dem die Alpen zweifellos eine bedeutende Rolle spielen. Die Beziehungen zwischen der Flora der Alpen und Karpaten war eine Zeit ein Thema, welches die Botaniker stark beschäftigte. Laut allgemeiner Ansicht weist die Flora der Nördlichen Karpaten Verbindungen mit den Alpen, die siebenbürgische hingegen mit dem Balkan auf. Die jüngsten geobotanischen Forschungen haben die Verbindungen mit der alpinen Flora (in bezug auf Pflanzen, Lebensverhältniss und Assoziationen) nicht nur bestätigt, sondern auch auf die östlichen und Südlichen Karpaten erstreckt. Allerdings machten die Botaniker — neben den Verbindungen und Ähnlichkeiten — auch auf die Unterschiede aufmerksam, so etwa auf die Rhododendron-Arten, von denen mehrere in den Alpen vorkommen, die aber in den Nördlichen Karpaten gänzlich fehlen; in Siebenbürgen findet sich bloß eine Art, die aber auch ein gemeinsames balkanisches (dakisches) Element ist. Trotz der Ähnlichkeiten lassen also die Unterschiede eine typische Eigenständigkeit der Karpaten erkennen. Der Zusammenhang wird noch deutlicher, wenn wir an die Alpiden denken. Die Alpiden sind ein Kettengebirge des eurasiatischen Gebirgssystems, dem in Europa die Pyrenäen, die Alpen, die Appenninen und das Balkan-Gebirge angehören. Da in diesem Kettengebirge der Boden und das Klima ungefähr gleich sind, waren alle Voraussetzungen zur Entwicklung einer einheitlichen Flora­zone gegeben. Bis zum Tertiär war die Entwicklung der Alpiden bereits beendet und damit auch einer als einheitlich geltenden Flora. Diese Einheit wurde von der Eiszeit zerstört. Große Flächen der Alpen vereisten, die Planzen zogen sich vor dem Eis nach Süden und Osten zurück. Auch in den Nördlichen Karpaten war die Wirkung der Vereisung deutlich spürbar (viele Pflanzen gingen daran zugrunde); in den östlichen und Südlichen Karpaten gab es eine einzige Vereisung, allerdings ohne katastrophale Auswirkungen — die Pflanzenwelt konnte unbehelligt nach Süden ausweichen. Nach Abzug des Eispanzers kehrten die geflohenen Pflanzen an ihren ursprünglichen Standort zurück und eroberten sogar weitere Gebiete: bei gewissen altaischen Einwirkungen erfolgte z.B. die Bevölkerung der Nördlichen Karpaten unter dem Einfluß der Alpen. Allerdings beschränkte sich der alpine Einfluß nicht nur auf die Nördlichen Karpaten, sondern erstreckte sich auch auf den ganzen Gebirgszug. Auch die Flora der östlichen und Südlichen Karpaten kehrte mit neuen Elementen (pontine: Achilleae, Centaureae) bereichert zurück. Infolge der Vermehrung und der Expansion entwickelte sich in den Pyrenäen, Alpen, Appeninen (im nördlichen Teil), in den Karpaten und im östlichen Balkan im großen und ganzen eine einheitliche alpine Flora, vermischt mit arktisch-altaisch-pontinen Elementen. Im europäischen Höhenzug der Alpiden sind z.B. allgemein verbreitet: Diphasium alpinum, Callianthemum, Pulsatilla alba, Ra­nunculus alpestris, R. thora, R. montanus, Potentilla aurea, Geum montanum, Dryas octopetala, Alchemilla flabellata usw. In den Schneebergen der Karpaten konnte ich 109 solche gemeinsame (Pyrenäen-Balkan) Arten finden. Abgesehen von der geringfügigen Vereisung der hohen Berge, blieb die Balkan-Halbinsel eisfrei, und so fanden hier die vor dem Eis fliehenden Pflanzen eine Zuflucht, mit der Folge, daß in ganz Europa die balkanische Flora am reichsten ist. Diese Mannigfaltigkeit ist das Ergebnis des Zusammentreffens zahlreicher Faktoren. Ein derartiger Faktor ist. z.B. die Nähe des Mittelmeerrau­mes und der pontinen Flora, die zu einer unterschiedlichen Entwicklung der östlichen und der westlichen Balkan-Flora führte. Aus dem Gesichtspunkt der alpinen Flora sind wir vornehmlich an der Korrelation der Alpen, des Balkans und der Karpaten interessiert. Das andere Kettengebirge des eurasiatischen Gebirgssystems ist der aus Kalk- und Sandstein bestehende Höhenzug der Dinariden, die von den Alpen abzweigen (richtiger : an die Alpiden gepreßt sind) und sich über den westlichen Teil der Halbinsel, über Jugoslawien, Albanien, Griechenland und dem Ägäischen Archipel bis Kleinasien arstecken. Die Dinariden kamen mit den Karpaten (Untere Donau) und dem Balkan-Gebirge in Berührung, und so stand der Verbreitung der alpinen Pflanzen kein Hindernis im Wege. Die Flora des westlichen Balkans (illyrische Flora) wurde teils durch die alpine Flora beeinflußt. Einzelne Elemente der illyrischen Flora sind nämlich glaziale Relikte, da die aus der Arktis und 78

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