A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1975 (Debrecen, 1976)
Régészet, ókortudomány - Gesztelyi Tamás: Die Tyche von Antiochia auf Gemme in der Déri-Sammlung
Tamás Gesztelyi DIE TYCHE VON ANTIOCHIA AUF EINER GEMME IN DER DÉRI-SAMMLUNG In der Gemmensammlung des Museums Déri in Debrecen - deren angeblicher Fundort Brigetio sein mag - gibt es eine äusserst seltene Darstellung der in der Antiquität allgemein beliebten Tyche von Antiochia. Neben der auf einem Felsen sitzenden Tyche, die ihren Fuss auf die Schulter des Orontes setzt, sieht man zwei weitere Figuren: links Fortuna, rechts einen Mann im Soldatengewand, der über dem Kopf von Tyche einen Kranz hält. Die Frage ist die folgende: wie hat sich diese Darstellung entfaltet und wie soll man sie interpretieren? Es wird nämlich durch nichts bestätigt, dass die ursprüngliche, von Eutychides verfertigte Statue Nebengestalten gehabt hätte. Um Nebenfiguren handelt es sich zum esten Mal bei der Beschreibung der Statue, die Traian hat machen lassen. Ins zweite Jahrhundert fallen auch zwei Reliefs von Dura-Europos, wo Gad (die syrische Tyche) in einem Fall von Nike, in anderem Fall von Seleukos Nikator - der im Soldatengewand ist gekränzt wird. Hier erscheint die Dreifigurenkomposition in einem zweidimensionalen Kunstwerk. Die gleichen Personen, die neben Tyche von Antiochia auf der geprüften Gemme zu sehen sind, erscheinen erst auf den Prägungen von Alexander Severus. Man kann also voraussetzen, dass die Komposition selbst schon Anfang des II. Jahrhunderts, die Darstellung mit den oben genannten Personen aber erst unter Alexander Severus entfaltet wurde. Diese Periode kann ein terminus post quem hinsichtlich der Verfertigung der Gemme sein, was dem Stil der Ausarbeitung nicht widerspricht. Die Meinungen sind in der Bestimmung der Person des Mannes im Soldatengewand nicht übereinstimmend. In dieser romanisierten Komposition kann nur der römische Kaiser - im Fall der Münzausgabe Alexander Severus - an der Stelle des ehemaligen Diadochenkönigs stehen. Was für aktuell-politisches Ereignis mag hinter der neuen Fassung der Szene sein? Das kann kaum mit etwas anderem zusammenhängen, als mit dem Perserkrieg von 231-32, dessen Antiochia nicht nur der Ausgangspunkt war, sondern auch als Obdach für das römische Heer galt, das durch das Klima und durch die harte, ungünstige Umgebung gepeinigt war. Der Kaiser konnte seine Genesung dem angenehmen Klima und den Heilquellen von Antiochia danken. Die Darstellung zeigt also einerseits die Dankbarkeit des Alexander Severus für Tyche, andererseits aber die wichtige Rolle der römischen Fortuna für den Wohlstand der hellenistischen Metropolis. Auf den Gemmen kann sich diese Darstellung natürlich auf den jeweiligen römischen Kaiser beziehen. Dass der Gemmenbesitzer die gerade mit diesen Nebenfiguren versehene Tyche-Darstellung ausgewählt hatte, drückte er damit seine offensichtliche Loyalität dem römischen Staat und dem Kaiser gegenüber aus. 269