A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1971 (Debrecen, 1972)

Irodalomtörténet - Csürös Miklós: Der Nachlass von Pál Gulyás. Gedanken um das Gedicht „An Italien”

Miklós Csűrös DER NACHLASS VON PÁL GULYÁS (Gedanken um das Gedicht ,,An Italien") In der Literaturwissenschaft des zwanzigsten Jahrhunderts gestalteten sich zwei Richtungen, der Werkszentrismus und der Geschichtenzentrismus ; die erste nimmt das Werk für eine Struktur, die zweite für ein Dokument. In der ungarischen Literaturwissen­schaft hat sich bis zur letzten Zeit die zweite durchgesetzt. Dieser Aufsatz ist ein Versuch, die zweierlei Standpunkte und Methoden zu synthetisieren. Er ruht auf der Analyse eines grossen Gedichts, aber indem er Fragen um die Geschichte, den Inhalt und die Form in Verbindung mit dem Gedicht behandelt, nimmt er das ganze Werk von Pál Gulyás und die allgemeinen Probleme der modernen Lyrik in acht, er versucht, sowohl einen Länge­schnitt, als auch einen Querschnitt zu geben. Pál Gulyás (1899-1944), der hervorragende Debrecener Dichter, der zur Gruppe der sog. völkischen Schriftsteller gehörte, hat sein Gedicht „An Italien" zwischen 1936 und 1938 geschrieben. Dieses representative Werk, das mehrere Jahre lang geschrieben wurde, ist wegen der Vielfältigkeit an Inhalt und Form geeignet, die Natur, den Geist und die Mittel der Lyrik von Gulyás darzustellen. Der Verfasser untersucht in erster Linie die Modernität des Nachlasses von Gulyás: was er an Inhalt und Form geschaffen hat, was in seinem Geist, in seinen Methoden fortschrittlich ist. Seiner Analysen nach kann das Lebenswerk von Gulyás in zwei Hinsichten eine inspirierende Tradition sein. Die eine ist die Schöpfung der Synthese in der modernen Lyrik, die andere ist die neuartige Behandlung der poeti­schen Mittel, die ganz originelle Auffassung der Kunst. Die Elemente der Synthese in den Bildern der Lyrik von Gulyás sind der Mythos (dazu müssen auch die Geschichte und die humane Kultur gerechnet werden) und die Naturwissenschaft, sie werden von ihm in einer Art vom erweiterten Pantheismus vereinigt (da dieser nicht nur die Erscheinungen der Natur, sondern auch die des Geistes einschliesst.) Sein Verhältnis zur Mythologie be­steht nicht nur darin, dass er aus dem Mythos verschiedener Nationen (aus der Bibel, aus den Edda-Liedern, aus der Kalewala, aus den Gedichten von Dante) alles übernimmt, was er als charakteristisch für seine Zeit oder für sein eigenes Benehmen sieht; es bestimmt auch seinen selbständigen dichterischen Ton: in seiner Naturauffassung, aber besonders in der altherkömmlichen Musik seiner Sprache können die Spuren magischer Wirkungen, die der schamanischen uralten Kultur und Dichtkunst von den ugrofinnischen Völkern nach­gewiesen werden. Der andere Pol der Synthese ist die naturwissenschaftliche Betrachtung, die dem „geologischen Wirrwarr" der Mythen gegenüber die Bestrebung zur endgültigen Abstraktion der Formen und Erscheinungen bedeutet. Gulyás bezieht ins System seiner Bilder auch die Elemente der Mathemathik, Physik und anderer Wissenschaften ein, doch die wertvollsten Elemente seines Nachlasses sind die kosmologische Betrachtung und die biologische Neugierde, die in die Geheimnisse der Zel­len eindringt. Auch er - wie der modern Mensch im allgemeinen - wird besonders von den kleinsten und unendlich grossen Erscheinungen der Natur angezogen: vom Protoplasma und von den Sternen. Die Analyse der Form stellt Gulyás wieder als den modernen Dichter, den Bereicher der ungarischen literarischen Ausdrucksweise vor. Das Grundprinzip seiner Ars poetica ist die Verachtung der billigen „Schönheit", des anziehenden Brauches. In seiner Verskunst und Reimtechnik sucht er oft mit Absicht die knirschenden, misstönenden Lösungen; in seinen besten Werken verklärt sich die Unregelmässigkeit, die Stolpern des Rhythmus, die scheinbaren Verzerrungen der Reime sind von funktionaler Bedeutung, sie dienen zur Be­tonung des Gedankeninhalts. Das Lebenswerk von Gulyás ist ein Beispiel der organischen Entwicklung, der gedul­digen Gärung von Formen und Ideen. Die Untersuchung der Themen, der Bilder- und Ge­dankenmotive des Dichters zeigt eine Einheitlichkeit, die Dichtung von Gulyás, - wie 493

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