Szende Katalin – Kücsán József szerk.: Isten áldja a tisztes ipart - Tanulmányok Domonkos Ottó tiszteletére. A Soproni Múzeum kiadványai 3. (Sopron, 1998)
Wilfried Reininghaus: Zünfte und Regionen. „Zunftlandschaften" als Forschungs-problem
religiösem, sozialem, kulturellem und politischem Gebiet zu beeinflussen und ihre Mitglieder zu vertreten. Zünfte bildeten Kartelle, Begräbnisbruderschaften, Krankenkassen und politische Gremien. Es besteht kein Zweifel, daß Zünfte ein lohnendes Forschungsthema sind. Über die Entstehung der Zünfte im hohen Mittelalter hat es in Deutschland seit 1880 kontroverse Diskussionen gegeben, die, ohne zu einem Ergebnis zu kommen, um 1920 abgebrochen wurden 2. Die Protagonisten der Diskussion (Keutgen, Below) und ihrer Schüler trugen additiv Belege aus mehreren Städten zusammen, falls sie sich nicht jeweils auf einzelne Städte konzentrierten. Räumliche Dimensionen spielten in der älteren deutschen Zunft- und Handwerksforschung keine entscheidende Rolle. Allerdings ist über vier Ausnahmen zu berichten, an die in jüngerer Zeit angeknüpft werden konnte, als die Handwerksgeschichte Teil der Landes- und Regionalgeschichte wurde: 1. Die Erforschung der „Gesellenverbände", die der Schmoller-Schüler Georg Schanz 1876 begründete 3. Sie war eng verbunden mit der Erfassung der räumlichen Mobilität im Handwerk. Vor diesem Hintergrund wurde zum Teil schon im späten 19. Jahrhundert nach regionalen Unterschieden und Ähnlichkeiten in der Organisation von Handwerkern gefragt. Die 100 Jahre nach Schanz einsetzende neue Welle der Gesellenforschung orientierte sich schon regional und untersuchte überwiegend Gesellen und ihre Organisationen im regionalen Kontext. Das Thema Gesellenwanderungen ist eo ipso der Untersuchung regionaler Mobilität verpflichtet 4. 2. Schmoller selbst beschrieb für Brandenburg-Preußen die landesherrliche „Innungspolitik" des 17/18. Jahrhunderts als Abkehr von der autonomen Organisation städtischer Handwerker im Mittelalter 5. Schmoller umriß damit die Handwerksorganisation im frühneuzeitlichen Staat als Forschungsobjekt. Sein Ansatz blieb allerdings für die mediävistische Handwerksforschung folgenlos, denn er konzentrierte sich auf eine Zeit, in der, wie Schmoller meinte, die Autonomie der Zünfte vom preußischen Staat gebrochen wurde. Schmollers 2 Otto Gerhard Oexle, Die mittelalterliche Zunft als Forschungsproblem. Ein Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte der Moderne, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 118 (1982), S. 1-44. J Georg Schanz, Zur Geschichte der deutschen Gesellen-Verbände, Leipzig 1876; zu den neueren Gesellenforschungen zusammenfassend: Wilfried Reininghaus, Gewerbe in der frühen Neuzeit, München 1990, S. 57ff. 4 Vgl. hierzu Rainer S. Elkar, Schola migrationis. Überlegungen und Thesen zur neuzeitlichen Geschichte der Gesellenwanderungen aus der Perspektive quantitativer Untersuchungen, in: Klaus Roth (Hrsg.), Handwerk in Mittel- und Südosteuropa. Mobilität, Vermittlung und Wandel im Handwerk des 18. bis 20. Jahrhunderts, München 1987, S. 87-108. 5 Gustav Schmoller, Das brandenburgisch-preußische Innungswesen von 1640 bis 1800, in: ders., Umrisse und Untersuchungen zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte, Leipzig 1898, S. 247-288. 68