Szende Katalin – Kücsán József szerk.: Isten áldja a tisztes ipart - Tanulmányok Domonkos Ottó tiszteletére. A Soproni Múzeum kiadványai 3. (Sopron, 1998)
Helmut Bräuer: Verarmungsprozesse im mitteleuropäischen Handwerk während der frühen Neuzeit
verteilt; es war folglich nicht allgemein. Der „biologische Faktor" nahm vielmehr in seiner Bedeutsamkeit für die soziale Position der Meister in einer sauberen Kontinuitätslinie von 41,7% in der obersten Steuerklasse bis zu 0% in der untersten Kategorie ab. Das heißt nicht, daß arme Meister nicht alt und krank geworden wären, doch war bei ihnen in den letzten fünf Werkstattjahren bereits ein solcher sozialer Verfall eingetreten, der sie auf kleine und kleinste Besteuerungsstufen versetzt hatte und damit Alter und Krankheit als soziale Deklassierungsfaktoren überdeckte. Andere Umstände hatten bereits dafür gesorgt, daß die Meister auf einem unteren Sozialniveau angekommen waren, und altersbedingte Hinfälligkeit, Krankheiten und Erwerbsunfähigkeit hielten sie lediglich in diesen sozialen Regionen fest bzw. machten eine Aufstiegsmobilität unmöglich. Sozialer Abstieg im Handwerk war folglich nicht vornehmlich ein Problem der physisch-psychischen Beschaffenheit des Meisters, sondern eine Frage der materiellen Start- und Entwicklungsbedingungen, des Zugangs zu Sonderrechten und speziellen Marktchancen sowie anderer gesellschaftlicher Bedingungen, unter denen kommunikative/informelle Beziehungen keine Randstellung ein-nahmen. Die Ursachenfrage für Verarmungsprozesse wird daher in erster Linie dann zu beantworten sein, wenn man die gesellschaftlichen Umfeldbedingungen der Handwerkerfamilie untersucht. Vielfach vorzufinden sind Wege, wie sie z.B. Meister Franz Schäffel ging, der 1749 mit 8 fl veranlagt wurde, dessen Steuersatz dann zügig bis auf 3 fl (1765) fiel, und für den es in den Steuerjahren 1766-1770 hieß: „Ist in der Burgerlad, hat auch keine Arbeit, wird Armuth halber ausgelassen" (StLA Wien, Unbehaustes Buch 131, 163b). Auch die Notierungen für Vater und Sohn Schermer zeigen eine typische Unterschichtenentwicklung an: Anton Schermer war 1749 mit 4 fl eingestuft worden und zahlte danach fast durchgehend bis 1766 drei Gulden. Sein Sohn Johann, der die Mutter zu versorgen hatte, brachte die Werkstatt zwischen 1767 und 1775 nicht über die Drei-Gulden-Marke. (StLA Wien, Unbehaustes Buch, 131, 245.) Nicht selten gestaltete sich der Abstiegsvorgang stufenweise. Zieht man hier die Bettlerverhörsprotokolle zu Rate, so ergibt sich folgendes Modell (Bräuer 1996, 126-136): Handwerker am Ort N. N. Ortswechsel, Verlust einer alten sozialen Qualität Arbeit als Tagwerker, Weingartenarbeiter, Knecht, Lakai, Soldat (Preisgabe des Handwerks) Bettler oder Interimsbettler. 13